Christine Chevalley während der letzten Session des Kongresses in Strassburg.

Wo sich Lokalpolitiker aus ganz Europa treffen

10.09.2024
9 | 2024

Im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates kommen zweimal pro Jahr Gewählte der Lokal- und Regionalpolitik aus ganz Europa zusammen, um sich über gemeinsame Themen auszutauschen. Christine Chevalley ist Gemeindepräsidentin von Veytaux (VD) und Vizepräsidentin der Schweizer Delegation des Kongresses. Sie erzählt von ihren Aufgaben im Kongress und wie Schweizer Gemeinden von dessen Arbeit profitieren können.

Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats taucht in den Medien eher selten auf. Zu Unrecht, wie Christine Chevalley findet. Denn er leistet wichtige Arbeit auf der Gemeinde- und Regionsebene in ganz Europa. Christine Chevalley ist Gemeindepräsidentin von Veytaux (VD), einer kleinen Gemeinde am Genfersee, auf deren Gebiet das bekannte Schloss Chillon steht. Und sie ist seit 2015 Mitglied der Schweizer Delegation im Kongress und seit Kurzem Vizepräsidentin der Delegation.

Zum Europarat, der 1949 im Nachgang des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde, gehören verschiedene Organe: die parlamentarische Versammlung, in der nationale Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus den Mitgliedsländern sitzen, das Ministerkomitee, in dem die Mitgliedstaaten durch ihre Aussenminister vertreten sind, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und eben der Kongress der Gemeinden und Regionen. Der Kongress feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen: 1994 wurde er ins Leben gerufen, um auch der Ebene der Gemeinden und Regionen Europas eine Stimme zu geben. Er hat eine beratende Funktion.

Der Kongress besteht aus zwei Kammern: der Kammer der Gemeinden und der Regionen. Die Schweiz entsendet in jede Kammer jeweils drei Mitglieder; dazu kommen drei Stellvertretende. In der Kammer der Gemeinden sitzen Politikerinnen und Politiker aus Gemeinden und Städten, in jene der Regionen entsendete die Schweiz Mitglieder der Kantonsexekutiven. Die Mitglieder werden von der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), dem Schweizerischen Städteverband (SSV) und dem Schweizerischen Gemeindeverband (SGV) nominiert und anschliessend vom Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten ernannt. Bei der Nomination achten KdK, SSV und SGV auf eine ausgewogene Verteilung der Parteien, aber auch darauf, dass sowohl grössere als auch kleinere Gemeinden vertreten sind.

«Wir haben alle die gleichen Probleme, aber teilweise ganz unterschiedliche Ansätze, um sie zu lösen.»

Christine Chevalley, Gemeindepräsidentin Veytaux (VD) und Mitglied der Schweizer Delegation am Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates

Zwei Sessionen pro Jahr

Als Christine Chevalley 2015 für ein Engagement in der Kammer der Gemeinden angefragt wurde, sagte sie sofort zu. «Ich mag neue Herausforderungen.» Seither war sie an fast allen Sessionen des Kongresses, die jeweils im März und Oktober in der französischen Stadt Strassburg stattfinden. «Wir tauschen uns am Kongress zu Themen aus, die alle Gemeinden beschäftigen: Abfall, Wasserversorgung, öffentliche Beleuchtung – aber auch zum Thema Respektierung lokaler Autoritäten», erzählt die Gemeindepräsidentin. Dabei sei ihr bewusst geworden, wie gut die Situation in der Schweiz eigentlich sei: «Ich kann mich als Gemeindepräsidentin frei bewegen und muss keine Angst um mein Leben haben. Das ist in anderen Ländern leider nicht so.»

Der Kongress übernimmt neben dem Austausch während der Sessionen weitere Aufgaben. So wacht er über die Umsetzung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung und beobachtet Kommunal- und Regionalwahlen. Christine Chevalley war vor Kurzem in Andorra in einem Einsatz, um die Umsetzung der Charta zu überprüfen: «Wir wurden sehr herzlich empfangen, und es war sehr spannend, dieses Land kennenzulernen.» Der Kleinstaat in den Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich besteht aus gerade einmal sieben Gemeinden und hat einige Besonderheiten, wie Christine Chevalley erzählt. So erheben die Gemeinden zum Beispiel eine Steuer auf die öffentliche Beleuchtung.

Der Präsident der Schweizer Delegation, der jurassische Regierungsrat David Eray, war kürzlich zur Wahlbeobachtung in der Türkei. Dabei geht es darum, zu beobachten, ob die Stimmen richtig gezählt werden und ob die Wahlen im Allgemeinen gut ablaufen.

Wertvoller Austausch

Christine Chevalley schätzt an ihrem Engagement vor allem den Austausch mit Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitikern aus anderen Ländern Europas. «Wir haben alle die gleichen Probleme», fasst sie zusammen, und fügt an: «Wir haben aber teilweise ganz unterschiedliche Ansätze, um diese zu lösen.» Diese Ansätze zu hören, inspiriere sie auch in ihrem Alltag als Gemeindepräsidentin. «Diese Kontakte bereichern mich sehr.» Und nicht nur international, auch der Austausch innerhalb der Schweizer Delegation mit Gewählten aus allen Landesteilen sei enorm interessant.

Von diesem Austausch über die Ländergrenzen hinweg profitierten schliesslich alle Schweizer Gemeinden, ist Christine Chevalley überzeugt.

Die Schweizer Delegation für den Kongress der Gemeinden und Regionen

Kammer der Gemeinden:

Paolo Beltraminelli (Lugano, TI), Christine Chevalley (Veytaux, VD), Franziska Stadelmann-Meyer (Muttenz, BL)

Stellvertreter:

Erich Fehr (Biel, BE), Matthias Gysin (Duggingen, BL), Bruno Seelos (Widnau, SG)

Kammer der Regionen:

David Eray (Regierungsrat, JU), Jacqueline Fehr (Regierungsrätin, ZH), Urs Janett (Regierungsrat, UR)

Stellvertreter/innen:

Didier Castella (Staatsrat, FR), Susanne Hartmann (Regierungsrätin, SG), Christelle Luisier Brodard (Staatsrätin, VD)

Nadja Sutter
«Schweizer Gemeinde»
Chefredaktorin