«Wir Jungen sind die Zukunft der Gemeinde»
Sarina Casanova präsidiert seit einem Jahr die neue Jugendkommission von Ilanz/Glion (GR) und hat dort eine Jugendsession initiiert. Für die 20-Jährige ist es zentral, dass sich die Jungen in der Gemeinde einbringen können.
Am Anfang stand ein Gespräch zwischen Sarina Casanova, ihrem Vater und ihrer Schwester zu Hause in Strada bei Ilanz/Glion (GR). «Wir haben zusammen darüber gesprochen, dass es in der Gemeinde nur wenige Angebote für junge Menschen gibt», erzählt Sarina Casanova. Sie und ihr Vater gingen daraufhin Anfang 2022 bei einer Sprechstunde der damaligen Gemeindepräsidentin Carmelia Maissen vorbei. «Ich habe ihr gesagt, dass Angebote für die Jugend fehlen.» Die Gemeindepräsidentin entgegnete: Wenn eine Gruppe junger Menschen bereit ist, sich zu engagieren, könne sie das ändern.
Sarina Casanova und andere Jugendliche berieten sich im Anschluss mit dem Dachverband der Jugendparlamente über die verschiedenen Möglichkeiten, wie sich Jugendliche einbringen können. «Wir entschieden uns gegen ein regelmässig stattfindendes Jugendparlament und für eine Jugendkommission, weil diese direkt bei der Gemeinde eingebunden ist. So haben wir mehr Möglichkeiten mitzuwirken», erklärt Sarina Casanova.
Im Oktober 2022 hat die Jugendkommission ihre Arbeit aufgenommen; Sarina Casanova präsidiert diese. Im April 2023 fand dann die erste Jugendsession der Gemeinde statt, an der rund 30 junge Menschen über Themen wie den öffentlichen Verkehr, die Freizeit und die Infrastruktur sowie das Nachtleben diskutierten und konkrete Anliegen an den Gemeindevorstand formulierten. Die Jugendsession soll künftig alle zwei Jahre stattfinden, im Turnus mit der Jungbürgerfeier. Zudem hat die Jugendkommission einen Grillabend organisiert, und sie plant ein Jugendkino, eine Podiumsdiskussion zu einem Abstimmungsthema und will den Grossen Rat in Chur besichtigen.
«Die Arbeit ist megacool»
Mittendrin: die Initiantin Sarina Casanova. «Die Arbeit in der Jugendkommission ist einfach megacool. Wir sind ein gutes Team und treffen uns ungefähr einmal pro Monat zu einer Sitzung», sagt sie bei einem Kaffee, und ihre Augen leuchten. In der Jugendkommission sitzen neben Jugendlichen auch eine Vertreterin des Gemeindevorstands, ein Vertreter des Gemeindeparlaments sowie eine Jugendarbeiterin. «Unser Ziel ist es unter anderem, die Jugendlichen aus allen Fraktionen zusammenzubringen», fügt sie an. Ilanz/Glion ist eine Fusionsgemeinde in der Surselva, zu der viele verschiedene Ortsteile gehören. «Die Jugendlichen treffen sich in der Oberstufe in Ilanz, aber jene, die das Gymnasium in Chur oder Disentis besuchen, kennt man nicht unbedingt.»
Sarina Casanova selbst hat die Oberstufe besucht und danach eine Lehre als Geomatikerin in Ilanz absolviert. Seit September studiert sie in Rapperswil (SG) Stadt-, Verkehrs- und Raumplanung. «Ich wollte schon immer studieren, und ich glaube, Raumplanungsthemen werden in Zukunft sehr wichtig sein. Der Platz in der Schweiz ist beschränkt.» Sie wohnt derzeit unter der Woche im Studentenwohnheim in Rapperswil und fährt jedes Wochenende nach Hause nach Strada. «Ich geniesse es zu Hause viel mehr, seit ich studiere. Es ist halt doch schöner daheim», sagt sie mit einem Lächeln. Für sie steht fest, dass sie später wieder fix in Ilanz wohnen will. «Vielleicht nicht gerade direkt nach dem Studium, aber irgendwann sicher», ist sie überzeugt.
Mitentscheiden über die Zukunft
Wie Ilanz dann aussieht, darüber will sie heute bereits mitdiskutieren. «Wir Jungen sind die Zukunft der Gemeinde. Wir müssen mit den Entscheiden leben, die jetzt gefällt werden. Darum finde ich es wichtig, dass wir uns einbringen und die Entscheide nicht anderen überlassen, die davon gar nicht so stark betroffen sind.» Sarina Casanova bringt sich derweil nicht nur in der Jugendkommission ein, sondern ist im Herbst auch in das Gemeindeparlament von Ilanz gewählt worden. Mit ihren 20 Jahren ist sie das jüngste Ratsmitglied.
Möchte sie ihr Engagement später fortsetzen? «Einmal im Gemeindevorstand zu sitzen, wäre schon cool», sagt die junge Frau. Konkret Pläne geschmiedet hat sie allerdings nicht. Und sie politisiert ohne Partei. «Ich habe mir auch überlegt, ob ich einer Partei beitreten möchte. Im Moment gefällt es mir jedoch, parteilos zu sein, weil ich dadurch freier entscheiden kann. In einer Partei ist man mehr an die Parteiinteressen gebunden.»
«Wenn man etwas bewirken will, muss man auch bereit sein, etwas zu geben.»
Persönlicher Kontakt ist wichtig
In ihrer Familie ist sie die Erste, die politisiert. «Ich bin irgendwie so reingerutscht», erzählt sie. Das gelte auch für ihr Engagement im Parlament. «Durch die Jugendkommission bin ich mit Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinde in Kontakt gekommen, und diese haben mich animiert, für das Parlament zu kandidieren.»
Um Jugendliche zu motivieren, sich in der Gemeinde zu engagieren, sei der persönliche Kontakt wichtig, glaubt Sarina Casanova. «Ich habe das bei der Jugendsession gesehen: Wenn wir das Interesse wecken können, spricht sich das im Kollegenkreis herum. Wenn jemand sich engagiert, kommen andere auch.» Klar sei aber auch: Das Engagement braucht viel Zeit. «Vieles davon sieht man nicht, zum Beispiel die Vorbereitung von Sitzungen oder Anlässen. Das passiert alles in der Freizeit.» Da müsse man schon motiviert sein und Freude an der Arbeit haben.
Sarina Casanova bleibt dennoch Zeit für Hobbys: Sie spielt Orgel und saust im Winter mit den Ski die Pisten herunter. Und die Politik ist nun eben auch ein sehr wichtiges Hobby geworden. Ihr Engagement macht ihr Spass, das ist während des Gesprächs spürbar. Ganz pragmatisch sagt sie aber auch: «Wenn man etwas bewirken will, muss man auch bereit sein, etwas zu geben.»