Winterthur sucht den Kontakt zu Hausbesitzern mit Ölheizung
Seit fünf Jahren beraten Stadt und Stadtwerk Winterthur Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer mit einer fossilen Heizung beim Heizungsersatz. Die meisten der Ratsuchenden verzichten danach auf eine Ölfeuerung.
Heinz Wiher, Stadt Winterthur, und Stefan Brägger, Stadtwerk Winterthur, erklären im Interview die Methode und weshalb sie anderen Gemeinden empfehlen, ein sol-ches Programm ebenfalls einzuführen.
Sie nutzen die Daten der Feuerungskontrolleure gezielt, um Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer beim Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme zu beraten. Wie ist das Programm entstanden?
Heinz Wiher: Die Stadt Winterthur hat eine Pionierrolle in der Heizungsersatzberatung. Die in Winterthur kos-tenlose Impulsberatung zielte zu Beginn auf den Ersatz der Ölheizung, um den Anteil fossiler Energie zur Be-heizung von Gebäuden zu reduzieren. Per 2020 hat Energie Schweiz das nationale Programm «Erneuerbar heizen» ins Leben gerufen, das auch von den Erfahrungen der Stadt Winterthur profitiert.
Stefan Brägger: Weil «Erneuerbar heizen» auch Gas- und Elektroheizungen umfasst, erweiterten wir unsere eigene Beratung. Die Daten für Gas- und Elektroheizungen sind bei Stadtwerk Winterthur vorhanden und liegen in unserer Verantwortung. Mit diesem Vorgehen war die Gewährung des Datenschutzes ohne weitere Regelungen möglich.
Was waren die Überlegungen?
Wiher: Die Planung, Bewilligung und Realisierung einer Heizung, die auf erneuerbaren Energieträgern basiert, braucht mehr Vorlaufzeit als ein Eins-zu-eins-Ersatz der bestehenden Heizung. Man muss sich zuerst einen Überblick verschaffen: Welche Vorschriften gelten? Sind Erdsonden erlaubt? Ist ein Wärmenetz geplant? Welche Lösung passt zu meinem Haus? Was kostet mich die Heizung, und kann ich Fördergelder beziehen?
Um die Energie- und Klimaziele der Stadt Winterthur zu erreichen, ist ein rascher Wechsel auf Heizsysteme mit erneuerbaren Energieträgern notwendig. Die Impulsberatung ist ein sehr effizientes Mittel, um diesen Prozess zu beschleunigen.
Wie erfolgreich ist das fünf-jährige Program, und was sind Ihre Erkenntnisse?
Brägger: Durch das direkte Anschreiben der relevantesten Zielgruppen für den Heizungsersatz ist diese Vorge-hensweise sehr effizient und zielgerichtet. Gut informierte Hauseigentümer bereiten sich auf den möglichen Heizungsersatz vor und warten nicht, bis die alte Heizung aussteigt. Das bewirkt den vermehrten Einsatz von nicht-fossilen Heizsystemen. Die Erfolgskontrolle der Beratungsdienstleistung zeigt, dass nach der Beratung nur noch jede fünfte Ölfeuerung wieder durch ein identisches System ersetzt wurde – eine Erfolgsgeschichte. Wir gehen davon aus, dass die aktive Bewerbung des Themas einen Schub für die ganze Branche bewirkt. Die Meldungen aus der Heizungsbranche über volle Auftragsbücher bestätigen dies.
Wiher: Aufgrund der klimapolitischen Herausforderungen und der gesetzlichen Anpassungen dazu wird das Thema Heizungsersatz weiter an Relevanz gewinnen. Zur Erreichung der zeitlich sehr ehrgeizigen Klimaziele der Stadt leisten die Beratungsaktivitäten beim Heizungsersatz einen relevanten Beitrag.
Wie gehen Sie dabei konkret vor?
Wiher: Die Energiefachstelle schreibt Besitzerinnen und Besitzer von Ölheizungen (älter als zehn Jahre) an und bietet eine kostenlose Heizungsersatzberatung an. Im Durchschnitt melden sich danach 21 Prozent bei uns. Beim Besuch vor Ort wird den Kundinnen und Kunden ein umfassender Überblick zu Themen wie technischen und regulatorischen Optionen für den Heizungsersatz, zu finanziellen Aspekten und zum Bewilligungsverfahren vermittelt. Die Kundschaft erhält die ausgefüllte Checkliste der Impulsberatung mit allen besprochenen Themen, und wir bieten auch Unterstützung bei der Vergabe des Auftrages.
Brägger: Stadtwerk Winterthur macht dasselbe ergänzend bei Besitzerinnen und Besitzern von älteren Gas- und Elektroheizungen. Wir informieren sie über das Programm «Erneuerbar heizen» und die kantonalen Förderun-gen. Über die Website des Programms finden sie dann die Impulsberaterinnen und Impulsberater. Im Bereich der Gasheizungen ist die Nachfrage nach Impulsberatungen «Erneuerbar heizen» hoch.
Wie reagieren die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer auf das Angebot?
Wiher: Die überwiegende Mehrheit der Reaktionen der Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer ist sehr positiv. Durch das Gespräch vor Ort wird ein Vertrauensverhältnis geschaffen. Die Energiefachstelle ist eine kompetente Dienstleisterin, die neutral beraten kann, weil sie weder Energie noch Heizsysteme verkaufen will. Die Produkte von «Erneuerbar heizen» werden erfolgreich eingesetzt und unterstützen den schlanken Beratungsprozess.
Was empfehlen Sie anderen Gemeinden, die ein ähnliches Programm planen?
Wiher: Es ist ein sehr effizientes Mittel, um einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Die Gemeinde ist eine neutrale Beraterin, sie kennt die regulatorischen Vorschriften sowie den Aus- und Rückbauplan der Wärme- und Gasnetze. Sie schafft auch Arbeitsplätze beim lokalen Gewerbe. Ich empfehle allen Gemeinden, sofort mitzumachen. Denn: Die Gemeinde weiss dank der Feuerungskontrolle, wo die alten Öl- und Gasheizungen sind. Diese Zielgruppe kann so gezielt angeschrieben werden.
Brägger: Das sehe ich gleich, der Aufbau eines Programms sollte zeitnah beginnen und beworben werden. Jede eins-zu-eins ersetzte fossile Heizung ist ein klimapolitischer Verlust von 15 bis 20 Jahren.
Das Programm
Das Programm «Erneuerbar heizen» bietet unter anderem mit der Impulsberatung ein einmaliges Angebot, das Hausbesitzerinnen und -besitzer von Einfamilienhäusern bis hin zu grösseren Mehrfamilienhäusern beim Umstieg auf Heizungen mit erneuerbarer Energie unterstützt.
Mehr Informationen:
erneuerbarheizen.ch/impulsberatung