Wie Gemeinden mit IT-Lösungen Kartelle erkennen können
Beschaffungsstellen von Gemeinden sind verpflichtet, illegale Preisabsprachen bei Vergaben zu melden. Doch wie können diese entdeckt werden? Auch für kleinere Gemeinden gibt es Mittel und Wege.
Beschaffungsstellen der Gemeinden tragen eine hohe Verantwortung beim Umgang mit Steuergeldern. Sie müssen darum für faire, effiziente Verfahren und den sparsamen Umgang mit Steuergeldern sorgen. Kommt es bei Vergaben dennoch unbemerkt zu illegalen Preisabsprachen, kann das zu Preisen führen, die häufig 40 Prozent über dem Marktwert liegen. Schaden tragen in einem solchen Fall nicht nur die Steuerzahler davon, sondern auch die Reputation der Gemeinden und der Verantwortlichen in der Gemeindeverwaltung beziehungsweise im Kanton, wie etwa der Fall Graubünden gezeigt hat.
Dort hat sich im vergangenen Jahr eine Parlamentarische Untersuchungskommission mit illegalen Preisabsprachen im Baubereich beschäftigt und harte Konsequenzen durchgesetzt. Nicht zuletzt aufgrund solcher Erfahrungen verpflichtet die interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) die öffentlichen Beschaffungsstellen von Bund, Kantonen, Bezirken und Gemeinden, Verdacht auf Submissionsabreden bei der Weko zu melden. Insgesamt sind also die Beschaffungsstellen der Gemeinden mit oder ohne Meldepflicht gehalten, alle zweckdienlichen Massnahmen zu ergreifen, um Kartellabsprachen rechtzeitig zu entdecken.
Der Gemeinderat muss Compliance-Massnahmen bei Gemeinden anordnen
Um sein Budget wirksam und ökonomisch einzusetzen, muss der Gemeinderat erkennen, bei welchen Beschaffungsvorhaben das Risiko von Kartellabsprachen besteht. Der Gemeinderat muss auch im Sinne einer präventiven Bekämpfung von Kartellen deutlich machen, dass seine Vergabestellen Kartellverdacht kompromisslos anzeigen. Gegenüber den Steuerzahlern sollte er zudem signalisieren, dass er keine Nachlässigkeiten beim Kampf gegen Kartelle toleriert. Er muss dafür insbesondere die notwendigen organisatorischen Massnahmen ergreifen: Grössere Gemeinden können zur Abwehr von Kartellen eine eigenständige Compliance-Stelle schaffen, kleinere Gemeinden sollten diese Aufgaben einem einzelnen Gemeinderat bzw. Gemeindesekretär zuweisen oder sich entsprechend beraten lassen.
Kartellrechtliches Compliance-Management: vorbeugen, entdecken, reagieren
Damit die Beschaffungsstellen ihrem Auftrag nachkommen können, obliegt es den Gemeinden, zunächst mit einem Verhaltenskodex und Richtlinien konkrete Handlungsanweisungen zu erteilen. Dies geschieht am besten anhand von kurzen und verständlichen Beispielen. Von essenzieller Bedeutung ist auch der Hinweis auf eine sachverständige Person, die jederzeit als Ansprechpartnerin bei Unsicherheiten der Mitarbeiter zur Verfügung steht.
Zentral sind ferner Schulungen (ca. alle 18 bis 24 Monate), welche die Mitarbeitenden in die Lage versetzen, einfache Kartellabsprachen mit wenig Aufwand zu erkennen. Solche Schulungen können entweder von Kartellrechtsexperten oder von der Weko durchgeführt werden. Schliesslich steigert ein Whistleblower-System die Entdeckungswahrscheinlichkeit von illegalen Absprachen deutlich.
IT-Lösungen helfen auch bei professionellen Kartellen
Grosse Submissionskartellfälle hat es in der Schweiz in sämtlichen Landesteilen gegeben. Das Thema ist leider immer noch hochaktuell. Diese Fälle haben unter anderem Folgendes gezeigt:
Kartelle gibt es nicht nur in der Baubranche; auch etwa Beschaffungen von Fahrzeugen oder von Software der öffentlichen Verwaltung sind Ziel von Kartellen,
Kartelle werden mittlerweile sehr raffiniert und professionell umgesetzt,
sie erstrecken sich oft über mehrere Jahre,
innerhalb einer öffentlichen Verwaltung können oft nur sehr erfahrene Beschaffungsjuristen und Beschaffungsjuristinnen mit kartellrechtlichem Hintergrundwissen ein Kartell erkennen.
Um die hohen Hürden bei der Aufdeckung professioneller Kartelle zu nehmen, setzen seit Kurzem öffentliche Beschaffungsstellen, aber auch die Weko statistische Methoden ein. Diese Methoden erfordern zwar ebenfalls eine grosse Expertise, doch IT-Lösungen erlauben es, hohe Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und einfache Handhabung der statistischen Analysen miteinander zu kombinieren. Im Vergleich zu fest angestelltem Personal sind die IT-gestützten Analysemethoden günstig.
Softwareplattformen für statistische Kartellvorsorge
Eine Möglichkeit, die sogar für einen Beschaffungsexperten sehr komplexen Analysen ohne IT- oder statistisches Spezialwissen durchführen zu können, besteht in der Nutzung einer geeigneten Softwareplattform. Sie verknüpft ohne grösseren Aufwand die IT-Lösung mit einem bereits existierenden Devisierungstool. Ein Knopfdruck genügt in der Regel, und die im Zuge der Beschaffung erfassten Daten werden an die Plattform gesendet, wo innert Sekunden die Auswertung zur Verfügung steht.
Statt mittels eines Devisierungstools kann die Softwareplattform, je nach vorhandenen Voraussetzungen, auch mit Excel-Tabellen oder per Hand gefüttert werden. Zudem erlaubt es die Plattformtechnologie auch Gemeinden mit geringen Vergabevolumen, durch eine gemeinsame Nutzung der Software mit anderen Gemeinden von den neuesten statistischen Verfahren zu profitieren und so die Vorsorgepflicht gegenüber Steuerzahler und Gesetzgeber zu erfüllen.
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