Wie Gemeinden in Zeiten der Digitalisierung kommunizieren
Die Fachhochschule Graubünden (FHGR) hat gestützt auf eine Nationalfondsstudie ein Onlinetool zur Gemeindekommunikation entwickelt. Grundlage bildeten eine Befragung aller Schweizer Gemeinden und eine vertiefte Auseinandersetzung mit zwölf Best-Practice-Gemeinden aus allen Landesteilen. Es zeigt sich, dass die Gemeindekommunikation immer aufwendiger und professioneller wird, in einer zunehmend digitalisierten Welt aber weiterhin physisch geprägt ist.
Die Gemeinden sind, wie alle öffentlichen Organisationen in der Schweiz, einer Informationspflicht unterworfen. Neben den eng gefassten Vorgaben zu den politischen Rechten, allen voran Publikationen zu Wahlen und Abstimmungen, sind die Gemeinden auch verpflichtet, die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über staatliche Tätigkeiten zu informieren. Beispiele aus der Praxis sind die Bekanntgabe und Erläuterung von Beschlüssen, die Information über aktuelle Projekte (zum Beispiel einen Neubau eines Bahnhofs) und die Stärkung des lokalen sozialen Zusammenhalts (zum Beispiel Ankündigung von Veranstaltungen). Schliesslich haben Informationen von Gemeinden auch verhaltenslenkende Wirkung (zum Beispiel Energiesparkampagne).
Schwer erreichbare Bevölkerung
Lange Zeit haben die Gemeinden für die Kommunikation ihrer Tätigkeiten auf den Lokaljournalismus vertraut, der mit eigenen Berichten oder zumindest mit der Berücksichtigung von Medienmitteilungen diesem Bedürfnis gerecht geworden ist. Das bewährte Modell der Kopplung von Amtsanzeigen und Journalismus steht jedoch auf dem Prüfstand. In den letzten 20 Jahren hat sich, getrieben von einem massiven Rückgang von Werbegeldern und einem deutlich veränderten Medienkonsumverhalten, die Medienlandschaft in den Regionen stark verändert. Dadurch laufen die Gemeinden Gefahr, den kommunikativen Zugang zur Bevölkerung zu verlieren. Der gleichzeitig stattgefundene Aufschwung digitaler Kanäle eröffnet hingegen neue Möglichkeiten. Es drängen sich jedoch die Fragen auf, ob gerade kleine und mittlere Gemeinden über die erforderlichen Ressourcen verfügen und wie die Objektivität der Berichterstattung sichergestellt wird.
Gestiegener Kommunikationsaufwand
Die Fachhochschule Graubünden (FHGR) hat in einem vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projekt die Kommunikation der Schweizer Gemeinden untersucht. Die Antworten von 414 Gemeinden (Rücklauf 19,1 Prozent) zeigen, dass über drei Viertel der Gemeinden gemäss eigener Einschätzung mit ihrer Kommunikation die Bevölkerung gut oder sehr gut erreichen. Um dies zu bewerkstelligen, mussten sie in den vergangenen Jahren aber flächendeckend ihre Aufwendungen erhöhen – knapp zwei Drittel der Gemeinden haben angegeben, dass die Kosten und der Personalaufwand für die Kommunikation in den letzten fünf Jahren substanziell zugenommen haben. Entsprechend kommunizieren die Gemeinden immer professioneller – oft auch mithilfe von internen Kommunikationsspezialistinnen und -spezialisten, die vielfach aus dem Journalismus in die Gemeinde gewechselt haben.
Beliebte Gemeindezeitung
Die Befragung der Gemeinden unterstreicht, dass diese die strategische Bedeutung der Kommunikation erkannt haben: Mehr als 40 Prozent haben inzwischen ein spezifisches Kommunikationskonzept entwickelt. Bei den Kommunikationsinstrumenten zeigt sich die zentrale Bedeutung der Gemeindewebsite. Fast drei Viertel der Gemeinden verfügen inzwischen zudem über eine eigene Gemeindezeitung. Die Finanzierungs- und Vertriebsmodelle sind dabei sehr unterschiedlich. Auf jeden Fall hat dies Konsequenzen für die Unabhängigkeit der Berichterstattung. Wichtig ist deshalb, dass sich die Gemeinden inhaltlich an ihren Informationsauftrag halten und beachten, dass die Mitteilungen als Äusserungen der Gemeinde erkennbar sind (sogenanntes Transparenzgebot). Weiter zeigt sich, dass digitale Instrumente selten genutzt werden – nicht zuletzt aus Ressourcengründen. Zum Beispiel verwendet nur knapp ein Drittel der befragten Gemeinden die sozialen Medien für die Verbreitung von Mitteilungen.
Kontakt mit Medien intensivieren
Der Umgang mit den Medien ist in den letzten Jahren komplizierter geworden, und das Beziehungsnetz ist vielerorts abhandengekommen. Oft sind die Medien in den Gemeinden nicht mehr präsent und drucken Medienmitteilungen unkommentiert ab. Es ist ratsam, dass die Medien wieder fixe Ansprechpersonen bezeichnen, die, wenn möglich, über mehrjährige journalistische Praxis verfügen. Gleichzeitig ist die Erreichbarkeit seitens der Gemeinde sicherzustellen.
Als Ergebnis des Forschungsprojekts, in dem auch zwölf Best-Practice-Gemeinden identifiziert und ausführlich untersucht wurden, hat die FHGR Empfehlungen erarbeitet. Zusätzlich wurden 29 Kommunikationsinstrumente detailliert beschrieben und auf der Projektwebsite publiziert.
Gemeinsamer Workshop in Bern
Die FH Graubünden führt zum Thema Gemeindekommunikation im Rahmen des Projekts mehrere Veranstaltungen durch:
kostenloser Workshop mit dem Schweizerischen Gemeindeverband am 29. Mai in Bern
GemeindeFORUM mit Vortrag zur Gemeindekommunikation inkl. Podiumsdiskussion am 5. Juni in Chur
Anmeldungen, weitere Veranstaltungen sowie die Studie sind im Onlinetool integriert: https://gemeindekommunikation.fhgr.ch