Gewässerschutz auf Baustellen und die Rolle der Gemeinden
Eine fachgerechte Behandlung des Baustellenabwassers verhindert teure Sanierungen von Gewässerverschmutzungen und Ablagerungen in Schächten sowie der Kanalisation. Sie muss daher in jeder Gemeinde Standard sein.
Werden Betonkübel gewaschen oder wird Regenwasser aus Baugruben abgepumpt, muss das Wasser gemäss der Gewässerschutzgesetzgebung behandelt werden (siehe Kasten). In der Regel beaufsichtigen Gemeinden die Baustellentätigkeit und die fachgerechte Behandlung und Ableitung des Baustellenabwassers. Sie tragen durch regelmässige Beratungen und Kontrollen auf der Baustelle wesentlich zum Schutz der Gewässer, der Kanalisation und der Kläranlage bei.
Absetzbecken und Neutralisationsanlage auf jeder Baustelle
Baustellenabwasser ist meist trüb und weist durch den Kontakt mit Beton einen hohen pH-Wert auf, es ist stark alkalisch. Unbehandelt kann es die Reinigungsleistung der Kläranlage reduzieren, das Leben im Gewässer schädigen und Ablagerungen in der Kanalisation hervorrufen.
Gemäss Gewässerschutzverordnung müssen Trübstoffe mittels Absetzbecken aus dem Abwasser entfernt und der pH-Wert in einem Neutralisationsbecken mit CO2 (Kohlensäure) auf einen Wert zwischen 6,5 und 9 eingestellt werden.
Damit sorgen die Gemeinden dafür, dass die Installationen zur Vorbehandlung des Baustellenabwassers dem Stand der Technik entsprechen und fachgerecht betrieben werden. Dazu gehören ein richtig angeschlossenes und dimensioniertes Absetzbecken, eine vollautomatische Neutralisationsanlage und deren regelmässige Wartung und Kontrolle durch die Bauleitung. «Da uns auf der Gemeinde das nötige Fachwissen fehlt, haben wir den Bewilligungsprozess und die Kontrollen der Baustellenentwässerung an unsere externe Fachstelle ausgelagert», sagt Nina Bertschi, Verfahrensleiterin Hochbau der Stadt Bülach.
Modell St. Gallen: interkommunale Umweltschutzfachstelle
Qualifiziertes Personal für die Baustellenentwässerung zu finden, ist gerade für kleinere Gemeinden schwierig. Deshalb installierten St. Galler Gemeinden 2018 die Geschäftsstelle Umweltschutz auf Baustellen. Sie kontrolliert effizient und fachgerecht alle relevanten Bereiche der Bauausführung (Aushub, Baumaschinen, Betankungsanlagen, Betoneinbau mit Absetzbecken und Neutralisation, Hinterfüllung, Lärmschutz, Abfälle usw.).
«Besonders die periodischen Kontrollen auf allen relevanten Baustellen haben sich bewährt», stellt Ernst Michel, Leiter der Geschäftsstelle Umweltschutz auf Baustellen, zufrieden fest. Die Unternehmen des Hoch- und Tiefbaus seien gut aufgestellt und hätten viel in neue Maschinenparks und die Ausbildung investiert. «Unsere Kontrollen identifizierten auch schwarze Schafe. Das zeigt, dass unsere interkommunale Lösung effizient und wirksam ist.» Derzeit werden 62 von 75 Gemeinden mit total 340 000 Einwohnerinnen und Einwohnern betreut. Die Finanzierung erfolgt mit einem jährlichen Beitrag von 30 Rappen pro Einwohner. «Mit diesem Betrag lässt sich die Fachstelle tatkräftig und ganzheitlich betreiben», sagt Ernst Michel.
Baustellenentwässerung und Gewässerverschmutzung
Gemäss Statistik der kantonalen Gewässerschutzfachstellen sind mangelhafte Baustellenentwässerungen eine der häufigsten Ursachen von Gewässerverschmutzungen in der Schweiz. Oft führen diese zum Einsatz von Feuerwehr, Polizei und Schadendienst des zuständigen Amtes. Ein Gewässer oder auch die Kanalisation von den schlammigen Rückständen zu befreien, ist sehr aufwendig und teuer. Ein Schaden kann rasch mehrere 10 000 Franken kosten. Hinzu kommen schlechte Presse, Ärger und Imageverlust bei der Bevölkerung. Nicht zuletzt lassen sich tote Fische, Krebse und Kleinstlebewesen nicht mehr zum Leben erwecken.
Baustellenentwässerung planen
In einem Baustellenentwässerungskonzept beschreibt die Baufirma oder der Planer die vorgesehenen Massnahmen im Umgang mit dem Baustellenabwasser und wassergefährdenden Flüssigkeiten wie Schalungsöl oder Betonzusatzchemikalien. Ohne diese Grundlage sollte ein Bauprojekt gar nicht freigegeben werden. «Mit dem Entwässerungskonzept können wir frühzeitig die Weichen für eine sichere und umweltfreundliche Baustellenentwässerung stellen», sagt Nina Bertschi. «Zudem kann die Gemeinde das Konzept als Grundlage für Baustellenkontrollen und -beratungen verwenden.» Für Schäden haftbar ist die Bauherrschaft, weshalb sie idealerweise das Konzept in der Ausschreibung verlangt.
Bei einem Trennsystem werden Regen- und Schmutzabwasser getrennt abgeleitet. Die Praxis zeigt, dass es gerade bei Trennsystemen oft zu Falscheinleitungen in Regenabwasserleitungen oder gar eingedolte Gewässer kommt. Gibt es kein Entwässerungskonzept, kennen die Verantwortlichen das System nicht und nutzen einfach den nächstgelegenen Schacht für die Abwassereinleitung. Die Gewässerverschmutzung ist damit vorprogrammiert.
Hilfsmittel
Der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) setzt sich für saubere und lebendige Gewässer ein. Ein Anliegen, das auch der Schweizerische Verband Kommunale Infrastruktur (SVKI) unterstützt. Mit Ausbildungen und Merkblättern bietet der VSA kommunalen Fachkräften und Bauunternehmen Unterstützung für eine korrekte Ausführung und einen gesetzeskonformen Vollzug im Bereich Baustellenentwässerung.
Eine weitere, schweizweit gültige Hilfe ist die SIA-Norm 431 (2022). Sie erklärt ausführlich verschiedenste Aspekte und zeigt technische Hilfsmittel und Lösungswege für die korrekte Baustellenentwässerung auf.