Wie Gemeinden die Verkehrswende vorantreiben
Die Verkehrswende stellt die Gemeinden vor grosse Herausforderungen. Viele von ihnen beginnen zu experimentieren, so etwa Schaffhausen und Lyss. Eine neue Plattform will den Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden stärken.
Der motorisierte Verkehr ist eine wichtige Quelle von Luftverschmutzung und Lärm, die zu Gesundheitsproblemen wie Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt. Nicht zuletzt trägt der Verkehr auch zum Klimawandel bei, da er einen wichtigen Anteil an den Treibhausgasemissionen hat. Zunehmende Nutzungskonflikte im Raum erfordern zudem eine Fokussierung auf flächeneffizientere Verkehrsmittel.
Die Verkehrswende steht für eine Verschiebung hin zu nachhaltigeren Transportmöglichkeiten wie dem Velo, dem öffentlichen Verkehr, Elektrofahrzeugen oder geteilten Verkehrsmitteln. So kann sie dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des Verkehrs zu verringern und somit auch die Lebensqualität in Gemeinden zu verbessern. Auch wirtschaftliche Vorteile kann eine Verkehrswende bringen, indem sie beispielsweise die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert und dadurch die Energiekosten senkt.
Voneinander lernen und gegenseitig inspirieren
Nicht jede Gemeinde soll dabei die gleichen Lehren immer wieder machen müssen. Hierzu ist der Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden elementar. Deshalb haben fünf Menschen mit verschiedenen Hintergründen aus der Mobilität die Initiative Schrittmacher.in lanciert und ein Rezeptbuch geschrieben, in dem sie erläutern, wo die Gemeinden schnelle Erfolge erreichen können. Auf der Plattform www.schrittmacher.in können die Gemeinden zudem ihre eigenen Erfolge und Versuche publik machen, um andere Gemeinden zu inspirieren.
Seit der Lancierung der Plattform wurden rund 40 Erfahrungen auf der Website geteilt. Mit dem wachsenden Ideenspeicher können Planungsbüros, Verwaltungen oder interessierte Personen auf einen Fundus an Vorschlägen zurückgreifen.
Das Rezeptbuch von Schrittmacher.in setzt dabei nicht auf luxuriöse Technologien. Worauf sollen sich Gemeinden im Hier und Jetzt konzentrieren? Was kann warten? Der Schwerpunkt liegt auf Themen, die heute mit überschaubarem Aufwand und mit wenig Widerstand umzusetzen sind. Dabei legt die Förderung der nachhaltigen Mobilität den Grundstein der Verkehrswende: sei es der klassische öV, seien es Sharing-Lösungen oder das eigene Velo und die eigenen Füsse. Gute Erfahrungen sollen helfen, politische Grundsatzdiskussionen zu umschiffen und Rückhalt für weitere Versuche zu gewinnen.
Erfahrungen mit geteilter Mobilität gewinnen
Schaffhausen beobachtete die Entwicklung in Sachen «Shared Mobility» bis heute eher passiv. Gute Erfahrungen in anderen Gemeinden haben sie aber dazu bewogen, nun eine aktivere Rolle einzunehmen. Hierzu wurde die Mobilität als Schwerpunkt in die Smart-City-Strategie der Kantonshauptstadt aufgenommen.
Um den Umgang mit geteilter Mobilität schrittweise anzugehen, wurde mit der Unterstützung des Bundesamts für Energie ein zweigleisiger Prozess aufgebaut. Einerseits wird mit externer Unterstützung ein kommunales Sharing-Konzept erarbeitet, das die Grundpfeiler für den Umgang mit geteilter Mobilität vorgibt. Andererseits wurden mittels Ideenwettbewerbs drei Projektideen ausgewählt. Diese werden im Rahmen von Pilotprojekten getestet, wobei die Erkenntnisse daraus wiederum in das Sharing-Konzept einfliessen.
Lyss versucht, den Bahnhofsraum zu beleben
Während Schaffhausen mit neuen Angeboten die Mobilität verändern möchte, versucht Lyss (BE), seine Stadträume neu zu denken. Im Zentrum steht dabei die Aktivierung des öffentlichen Raumes. Wie können die Stadträume so umgestaltet werden, dass sich Menschen gerne darin aufhalten?
Hierzu begann die Gemeinde Lyss, mit einfachen Massnahmen die Aufenthaltsqualität im Bahnhofsraum zu verbessern. Dazu gehörten temporäre Sitzgelegenheiten und Pflanzentröge oder auch eine neue Einfärbung der Fahrbahn, die den Charakter der Umgebung verändern sollte. Die Erkenntnisse aus den Versuchen sollen dann in ein «Konzept öffentlicher Raum» einfliessen, womit die beliebten Elemente grossflächiger ausgerollt werden können. Insbesondere in Lyss hat sich auch gezeigt, dass Änderungen im Strassenraum Diskussionen auslösen. So muss die Verkehrswende besonders in kleineren Gemeinden von der lokalen Bevölkerung getragen werden.
Auch kleine Schritte führen ans Ziel
Solche Beispiele von Gemeinden, die mutig neue Dinge ausprobieren und sich dem Diskurs an ihren Orten stellen, will Schrittmacher.in in den Fokus stellen. Dabei hilft der Austausch zur schnellen Klärung von Fragen oder zur Vermittlung von Kontakten. Denn die Verkehrswende muss nicht mit Robotaxis und autonomen Fahrzeugen vorangetrieben werden. Alle Gemeinden können auch in kleinen Schritten in die Zukunft gehen und Mehrwerte für die eigene Bevölkerung schaffen.
Schrittmacher.in
Schrittmacher.in ist eine Initiative von folgenden fünf Personen und Organisationen unterschiedlichster Fachrichtungen und professioneller Schwerpunkte, allesamt tief verankert in Themen rund um die Mobilitätswende: Denise Belloli (metron), Thomas Hug (urbanista.ch), Julian Renninger (SBB), Tobias Bowald (Q_PERIOR) und Thomas Sauter-Servaes (ZHAW School of Engineering).