Wie geht netto null für Gemeinden und Städte?
Wie gehen Schweizer Gemeinden und Städte an das Thema und die Zielsetzung «netto null Treibhausgase» heran? Mit dem «City Monitoring Netto Null 2000 Watt» wird ihnen hierzu erstmals ein Benchmark zur Verfügung gestellt. Eine Annäherung.
Die Hitzetage diesen Sommer, die selbst im Wasserschloss Schweiz aufkommende Thematik einer Wasserknappheit oder auch die drohende Energiemangellage machen es überdeutlich, dass wir uns so schnell wie möglich von der Nutzung und der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verabschieden müssen. Netto null als klimapolitisches Ziel wird denn auch nicht mehr infrage gestellt, sondern auf allen staatspolitischen Ebenen beschlossen und als gesamtgesellschaftliche Herausforderung adressiert.
Suffizienz vor Effizienz vor Nachhaltigkeit
Wie dieses Ziel zu erreichen und auf Gemeindestufe in der Umsetzung anzugehen ist, das ist Bestandteil eines stetigen Entwicklungs- und Erkenntnisprozesses. Die grundsätzliche Herangehensweise Suffizienz vor Effizienz vor Nachhaltigkeit ist aber sicherlich ein generell gültiger Ratgeber auf dem Weg zu diesem Ziel. Nirgends lässt sich dies so gut veranschaulichen wie am Beispiel der motorisierten individuellen Mobilität. Für netto null fragt man sich zuerst: Braucht es dieses Fahrzeug wirklich? Danach: Muss es wirklich so gross und so schwer sein? Und erst zuletzt: Und mit welcher nachhaltig verfügbaren Energiequelle soll es angetrieben sein?
Der heute häufige Reflex, einfach die aktuelle Fahrzeugflotte durch E-Fahrzeuge zu ersetzen, wird dem Netto-null-Anspruch nicht abschliessend gerecht. Deshalb sind sowohl der Elektrifizierungsgrad der immatrikulierten Fahrzeuge, aber genauso auch der Motorisierungsgrad pro Einwohner (vgl. Abbildungen) zwei gute Indikatoren, um die Netto-null-Tauglichkeit der Mobilität auf Gemeindestufe quantitativ zu monitoren.
Zielkonflikte annehmen
Der Weg zu keinen CO2-Emissionen ist mit einer Vielzahl grosser Herausforderungen gepflastert. Allein innerhalb des Betrachtungshorizonts der Energieversorgung gibt es Widersprüche und scheinbar unüberwindbare Zielkonflikte, mit denen auch Gemeinden und Städte konfrontiert sind. Immer und überall verfügbar soll die Energie sein, umweltfreundlich, klimaschonend, bezahlbar und risikofrei. Und ihre Herkunft soll moralisch-ethisch vertretbar sein, was gerade im aktuellen geopolitischen Umfeld ebenfalls immer schwieriger wird. Ganz zu schweigen von den darüber hinausgehenden gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen und Prioritäten wie sozialer Gerechtigkeit, Gesundheitsschutz oder dem Schutz der demokratischen Institutionen. Mit dem Klimaschutz im Fokus und dem Handlungsspielraum von Städten und Gemeinden vor Augen lässt sich der erfolgreiche Weg zu netto null aber trotzdem auf eine einfache Formel herunterbrechen.
Keine fossile Wärme, kein fossiler Strom, keine fossile Mobilität
In einer Netto-null-Welt dürfen für die Wärmeversorgung weder Erdgas, Erdöl noch Kohle zum Einsatz kommen, die Mobilität muss vollständig elektrifiziert sein, und die gesamte Stromversorgung darf nur noch zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie bereitgestellt werden. Wenn wir in unseren Gemeinden Schritt für Schritt, aber konsequent und hartnäckig auf diese drei Teilziele hinarbeiten, dann werden wir unseren eigenen hohen Ansprüchen mittelfristig gerecht werden können.
Hingegen muss eine proaktive Auseinandersetzung mit dem Thema der negativen Emissionen, mit CO2-Senken und Reduktionstechnologien, nicht zwingend im Fokus der Aufmerksamkeit von Städten und Gemeinden stehen. Diese werden zwar langfristig für eine erfolgreiche Netto-null-Mission nötig sein, jedoch gehören die Technologien dazu im Moment noch in den Bereich der Forschung und Entwicklung. Deshalb sollten die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen besser für die Mitigation, also die Reduktion von Emissionen, eingesetzt werden und nicht für deren Kompensation – zumal die Kompensation im Sinne einer psychologischen Rückfallebene dem ernsthaften Engagement ohnehin keine guten Dienste erweist.
Voneinander lernen, gemeinsam zum Ziel
Die Zielerreichung auf dem Weg zu netto null zu messen und zu monitoren, ist aber ein schwieriges Unterfangen. Viele wichtige Entwicklungen und Entscheidungsprozesse sind nicht unmittelbar in Zahlen auswertbar. Trotzdem ist es für eine Erfolg versprechende Umsetzung, für die kollektiven Lernprozesse und auch für die Motivation und das Engagement der verschiedenen Entscheidungsträger wichtig, gewisse Erfolgsindikatoren auf dem Weg zu netto null zu benennen und auch quantitativ zu verfolgen. Das «City Monitoring Netto Null 2000 Watt» des Programms 2000-Watt-Gesellschaft von EnergieSchweiz für Gemeinden stellt deshalb hierzu ein neues Angebot zur Verfügung. Es nimmt sich vor, die Energie- und Klimapolitik von Gemeinden und Städten auf dem Weg zu netto null und 2000 Watt qualitativ und quantitativ zu vergleichen und deren Entwicklung zu verfolgen. Interessierte Städte und Gemeinden dürfen sich gerne jederzeit der Community anschliessen.
City Monitoring Netto Null 2000 Watt
Die aktuell lose zusammengesetzte «Community Netto Null 2000 Watt», die im City Monitoring bisher abgebildet wird, besteht aus folgenden Gemeinden: den «Front Runnern» und den «fortschrittlichen Städten und Gemeinden» aus der Projektförderung 2022–2023 von EnergieSchweiz sowie Städten und Gemeinden, welche die Klima- und Energiecharta unterzeichnet haben. Sie besteht aktuell aus 68 Städten und Gemeinden und repräsentiert rund 33 Prozent der Schweizer Bevölkerung.
Die Daten des City Monitorings stammen zurzeit aus drei Hauptquellen:
• Selbstdeklaration der Gemeinden anhand der Online-Umfrage
• den von den Gemeinden veröffentlichten Daten
• weiteren öffentlich zugänglichen Daten
Die aktuellen Informationen dazu findet man jeweils hier: https://www.local-energy.swiss/ (> Programme > 2000-Watt-Gesellschaft > mehr erfahren)
Projektförderung von EnergieSchweiz für Gemeinden
Schweizer Städte, Gemeinden und Regionen sollen einen signifikanten Beitrag leisten um «netto null» und «2000 Watt» zu erreichen. Deshalb unterstützt «EnergieSchweiz für Gemeinden» diese ab März 2023 wiederum mit Förderbeiträgen in den Bereichen Energieeffizienz in Gebäuden, erneuerbare Energien, Mobilität sowie Anlagen und Prozesse. Die aktuellen Informationen dazu findet man jeweils hier: https://www.local-energy.swiss/ (> Programme > Projektförderung)
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