Bis 2030 will die Stadt Uster (ZH) ihren Fahrzeugpark mit rund 130 Fahrzeugen dekarbonisieren. Bereits im Einsatz sind elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge etwa für den Winterdienst.

Wie die Stadt Uster ihre Umweltbelastungen senkt

08.04.2025
4 l 2025

Die Stadt Uster (ZH) hat 2019 als einer der ersten Gemeinden der Schweiz einen Leitfaden für die nachhaltige Beschaffung publiziert. Die Empfehlungen richten sich in erster Linie an die Mitarbeitenden der Verwaltung, aber auch an das lokale Gewerbe. Projektleiterin Sarina Laustela zieht nach fünf Jahren eine positive Bilanz. In einem nächsten Schritt werden Kriterien der Kreislaufwirtschaft in die Empfehlungen integriert.

Uster (ZH) trägt seit 2016 das Label «Energiestadt Gold» und zählt zu den aktivsten Schweizer Gemeinden im Bereich der kommunalen Energie- und Klimapolitik. Im Rahmen eines «Energiestadt»-Re-Audits entstand die Idee, einen Leitfaden für die nachhaltige Beschaffung zu erarbeiten. «Der Leitfaden sollte uns helfen, den Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen weiter zu senken», erklärt Sarina Laustela, Leiterin der Leistungsgruppe Abfall und Umwelt der Stadt Uster. «Zugleich bot er die Möglichkeit, das Thema Nachhaltigkeit besser in der Verwaltung zu verankern.»   

Gemeinsam erarbeitet

Fast zwei Jahre lang dauerte die Erarbeitung der Einkaufsempfehlungen. Das mag erstaunen, konnte die Gemeinde Uster doch auf bestehende «Energiestadt»-Unterlagen sowie Merkblätter der «Toolbox Nachhaltige Beschaffung Schweiz» zugreifen (siehe Box). «Die Toolbox diente uns als Nachschlagewerk und Inspiration für die Auswahl von Grundsätzen, Massnahmen und Kriterien», sagt Projektleiterin Sarina Laustela. «Wir wollten der Verwaltung aber nicht einfach einen fertigen Katalog vorlegen, sondern die Mitarbeitenden in den Prozess einbeziehen. Die Empfehlungen müssen praktikabel sein. Wenn man sie einfach vorgibt, funktioniert das nicht. Also klärten wir im Austausch mit unseren rund 30 verantwortlichen Einkäuferinnen und Einkäufern, wie die Einkäufe bisher getätigt wurden, wo Optimierungspotenzial besteht und welche Punkte in den Empfehlungen aufgenommen werden sollen.» Die Verwaltungsleitung und der Stadtrat genehmigten schliesslich die definitive Version.  

«Die Empfehlungen müssen praktikabel sein. Wenn man sie einfach vorgibt, funktioniert das nicht.»

Sarina Laustela, Leiterin der Leistungsgruppe Abfall und Umwelt der Stadt Uster (ZH)

Der Leitfaden enthält Einkaufsempfehlungen für die Bereiche Büro, Hygiene, Textilien, Nahrungsmittel, Anlässe, Fahrzeuge, Geräte/Werkzeuge, Baustoffe/Bauten sowie Dienstleistungen. Dabei sind für jeden Bereich Grundsätze formuliert, die berücksichtigt werden sollen. Im Bereich Textilien etwa ist folgender Grundsatz festgehalten: «Bei der freihändigen Vergabe werden ökologische und soziale Kriterien in die Verhandlungen miteinbezogen. Beim Einladungsverfahren und höherstufigen Submissionen wird die Offenlegung der Produktionskette eingefordert und die aktuelle Bewertung der Lieferanten und Firmen gemäss Clean Clothes Campaign überprüft. Textilien weisen den Global Organic Textile Standard, den Oeko-Tex Standard 100 und/oder ein Label für fairen Handel auf.» Unter angegebenen Links finden die Beschaffenden jeweils Informationen, Hilfsmittel und Kontakte, welche die Umsetzung der Grundsätze erleichtern.

Um auch eine Wirkung nach aussen zu entfalten, hat die Stadt Uster den Leitfaden in den Medien bekannt und für alle Interessierten zugänglich gemacht. Das lokale Gewerbe weiss also, was erwartet wird. Es kann sich bei Offerten auf die Leitlinien stützen und sich mit nachhaltigen Produkten bzw. Dienstleistungen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Einen rechtlich bindenden Charakter hat der Leitfaden indes nicht. Die Empfehlungen sind als Absichtserklärung zu verstehen. «Bei Bedarf könnte man sie auch als verbindlich erklären», sagt Sarina Laustela, «dazu braucht es aber einen politischen Entscheid.» 

Verschärfungen und Neuerungen

In den letzten Jahren wurden einige Anforderungen in den Einkaufsempfehlungen verschärft, insbesondere bei den Fahrzeugen und den Gebäuden. Der Grund: Die Stadt Uster hat 2021 einen «Massnahmenplan Klima» verabschiedet. Darin sind die Zielsetzungen «Netto-Null» bis 2030 bei den kommunalen Fahrzeugen und «Netto-Null» bis 2040 bei den kommunalen Gebäuden verankert. Zudem plant die Verwaltung, das Thema Kreislauffähigkeit besser in die Empfehlungen zu integrieren. Insbesondere im Bereich Hochbau gibt es Optimierungspotenzial bei Themen wie grauer Energie, Rückbaubarkeit oder Wiederverwendung. «Der Leitfaden wird stetig weiterentwickelt», erklärt die Projektleiterin. «Wir machen jeweils Anfang Jahr ein Controlling, bei dem Umsetzungsfragen und allfälliger Anpassungsbedarf diskutiert werden.» Das Controlling zeigt, dass die Beschaffenden die Empfehlungen konsequent anwenden. So wird beispielsweise seit 2019 ausschliesslich «100%-Recyclingpapier» eingekauft; 2023 fand eine grosse Umrüstung auf LED-Technologie bei den städtischen Liegenschaften statt; und seit 2024 werden – je nach Verfügbarkeit – Kommunalfahrzeuge mit elektrischem Antrieb beschafft.

Schwierig abzuschätzen sei, ob die externen Dienstleister die Kriterien einhielten, sagt Sarina Laustela. «Wir können nicht systematisch überprüfen, ob die Firmen ihre Selbstdeklarationen etwa bezüglich Mobilität, Recycling oder Produktwahl tatsächlich einhalten.» Die Projektleiterin ist aber überzeugt, dass der Leitfaden beim lokalen Gewerbe «einiges angestossen hat».

Hilfsmittel für die nachhaltige öffentliche Beschaffung

Auf der Wissensplattform nachhaltige öffentliche Beschaffung (WÖB) finden Gemeinden hilfreiche Informationen und Instrumente, darunter die «Toolbox nachhaltige Beschaffung Schweiz». Die Toolbox versammelt Grundlagen, Produktgruppen-Merkblätter und Praxisbeispiele und richtet sich an Kantone und Gemeinden. Auf der WÖB ist zudem der neue «Leitfaden kreislauffähige Beschaffung» verfügbar. Er zeigt unter anderem auf, an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte und wie man Kreislaufwirtschaftskriterien optimal in eine Ausschreibung integriert. Die Empfehlungen und entsprechenden Ausschreibungskriterien für die nachhaltige Beschaffung im Bereich Ernährung und Gemeinschaftsgastronomie sind ein weiteres relevantes Hilfsmittel. 

Nicolas Gattlen
Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu)