Sportanlagen wie Hallenbäder sind kostenintensive Infrastrukturen – deshalb kann eine Zusammenarbeit von Gemeinden Sinn ergeben.

Wenn Gemeinden Sportanlagen gemeinsam betreiben

09.09.2022
9 | 2022

Regionale Zusammenarbeit bei Sportanlagen: Dank einer regionalen Struktur können die Gemeinden ihr Angebot erweitern und gleichzeitig Kosten sparen. Einige haben sich bereits auf die Socken gemacht.

Manchmal finden auch sperrige Worte Eingang in den populären Sprachgebrauch oder werden sogar Kult. Maschendrahtzaun war so ein Begriff. Dass es das Gemeindesportanlagenkonzept (Gesak) ebenfalls in die Hitparade schafft, ist wohl eher unwahrscheinlich. In den Regionen und Gemeinden hört man den Begriff Gesak aber doch immer häufiger.

Teilen ist ein urchristliches Tun. Wer nichts oder wenig hat, der wird unterstützt von jenen, die viel oder sehr viel haben. In der Wirtschaft hat das Konzept der Sharing Economy, das eine geteilte Nutzung von ganz oder teilweise ungenutzten Ressourcen ermöglichen soll, in den letzten zwölf Jahren eine stetig steigende Bedeutung bekommen.

Auf Gemeindeebene geht es pragmatischer zu. Aktuell steht vor allem das gemeinsame Betreiben von Infrastrukturanlagen, hauptsächlich von Sportanlagen, im Vordergrund. Dies auf Basis eines Gesak.

Laufental und Thierstein gehen voran

Weit fortgeschritten sind die entsprechenden Projekte der Laufentaler und Thiersteiner Gemeinden in den Kantonen Basel-Landschaft und Solothurn. Geplant ist, die oft defizitären regionalen Sport- und Freizeitangebote in ein überregionales Konstrukt zu überführen. Die Existenz der bestehenden Anlagen soll so gesichert werden. Dann gelte es, eine gezielte und regional abgestimmte Entwicklung der Sport- und Freizeitinfrastruktur zu ermöglichen und konkrete Mehrwerte für die in der Region lebenden Menschen zu schaffen. «Die Freizeitmöglichkeiten tragen nämlich entscheidend zu einer attraktiven Region bei», erklärt Rita Stoffel-Meury, regionale Standortförderin.

«Gewiss, hinter dem überregionalen Konstrukt steckt ein Solidaritätsgedanke, aber nicht nur», sagt der Laufner Stadtrat Mathias Christ: «Nebst den gemeinsam getragenen Kosten soll in der Tat auch die Standortattraktivität der Region gestärkt werden.» Gesunde Ernährung und Sport seien zudem wichtiger denn je. «Wir müssen auch zu unserem breiten Vereinswesen Sorge tragen», sagt der Gemeindepolitiker, der sich Synergien sowohl für Freizeitanlagen als auch für das Vereinswesen erhofft, und vor allem auch Raum für neue Ideen.

«Nebst den gemeinsam getragenen Kosten soll in der Tat auch die Standortattraktivität der Region gestärkt werden.»

Mathias Christ, Stadtrat von Laufen

Dreiphasenkonzept

In einer ersten Phase soll die Existenz bestehender Anlagen von regionaler Bedeutung und mit Alleinstellungsmerkmal gesichert werden. Dies durch eine regionale Finanzierung. Die Regionalisierung umfasst den Betrieb und die zukünftigen Investitionen. Die Region bestimmt künftig über das Schicksal dieser Anlagen und nicht nur die Standortgemeinde. Wer mitbezahlt, soll auch über die Zukunft der Anlagen mitbestimmen dürfen, lautet die Devise.

Die neu geschaffene Trägerorganisation soll in einer zweiten Phase in die Lage versetzt werden, weitere bestehende Anlagen wie Turnhallen, Sportplätze oder allenfalls auch aus anderen Bereichen, etwa aus der Kultur, in die eigenen Strukturen zu integrieren. Daraus sollen Mehrwerte geschaffen werden. Turnhallen könnten beispielsweise Auswärtigen zugängig gemacht werden oder ein gemeinsames Eintrittssystem könnte aufgebaut werden.

Neues ermöglichen: In einer dritten Phase wird die neu geschaffene Trägerorganisation in die Lage versetzt, eigene, neue Anlagen zu errichten und regional nicht mehr benötigte Anlagen entweder weiter durch die Kommunen betreiben zu lassen oder zu schliessen.

Schon bald kann es losgehen

Das Konstrukt hat mittlerweile einen Namen bekommen und nennt sich Sport- und Freizeitregion Laufental Thierstein. Die Projektgruppe dieser Organisation hat entschieden, welche Anlagen miteinbezogen werden sollen und wie das Finanzierungsmodell aussehen soll. Über die Organisationsform wird noch beraten. 

Angedacht ist unter anderem ein Online-Tool zur Auslastung der Turnhallen, eine regionale Standortbestimmung für das Problem des Babyschwimmens und eine finanzielle Unterstützung im Fall des Skateparks Thierstein. Die Initiatoren sind überzeugt, dass die Sport- und Freizeitregion Laufental Thierstein ab Anfang 2023 umgesetzt werden kann, wenn die Gemeindeversammlungen dem Kooperationsprojekt Ende 2022 zustimmen. Was angesichts des breiten Rückhalts bei Vertretern aus Politik, Sport und Wirtschaft für dieses Projekt sehr wahrscheinlich ist.

Einigermassen stolz verweisen die Mitbeteiligten der neuen Organisation auf den Pioniercharakter ihres Projekts. «Meines Wissens gibt es noch keine solchen regionalen Zusammenarbeiten in unserer Region», sagt Standortförderin Rita Stoffel-Meury.

Ganz allein auf weiter Flur ist die Sport- und Freizeitregion Laufental Thierstein allerdings nicht. Zumindest ähnliche Projekte sind in anderen Regionen durchaus vorhanden. So haben die drei Glarner Gemeinden Glarus, Glarus Süd und Glarus Nord bereits vor fünf Jahren ein Gemeindesportanlagenkonzept beschlossen, zu dem der Kanton zunächst 20 Millionen Franken beisteuerte und in das er aktuell weitere 2 Millionen Franken investieren will.

Regionaler Sportcluster Gemeinden am oberen Sempachersee

Um das Sportangebot weiterzuentwickeln, haben sich die Luzerner Gemeinden Nottwil, Oberkirch, Schenkon und Sursee zusammengetan. Der Fokus bei diesem Projekt richtet sich dabei auf Fussball und Tennis. Der regionale Sportcluster soll etappenweise bis 2032 entstehen. Noch heuer sollen künftige Trägermodelle ausgearbeitet und in der Folge eine oder mehrere Projektierungsgesellschaften gegründet werden.

Schon vor etwas mehr als einem Jahr ist ein interkommunaler Vertrag zwischen der politischen Gemeinde Dietlikon und der politischen Gemeinde Wangen-Brüttisellen betreffend den Betrieb des Hallen- und Freibades Faisswiesen durch die Sportanlagen Faisswiesen AG an der Urnenabstimmung genehmigt worden.

Grosszügiges Uzwil

Auch die Gemeinden der Region Uzwil haben sich für eine gemeinsame Lösung bei der Finanzierung von Sport- und Freizeitanlagen entschieden. Uzwil zeigt sich dabei gegenüber den Nachbargemeinden als grosszügig: Die Kostenbeteiligung an den Uzwiler Freizeitanlagen ist freiwillig.

Auf lokaler Ebene ist die Appenzeller Gemeinde Teufen aktiv geworden. Mit dem Gemeindesportanlagenkonzept (Gesak) will sie eine Gesamtsicht über die Entwicklung der Sportanlagen der Gemeinde erarbeiten. Im Zusammenhang mit dem Gesak will sie auch regionale Synergien prüfen.

Auch die Kantone werden aktiv

Die Idee einer besseren Kooperation zwischen den Sportanlagen ist auch in bernischen Landen angekommen und auf dem Tisch der Politik gelandet. Berner Gemeinden sollen bei Sportanlagen besser zusammenarbeiten, wird nun verlangt. Laut dem neuen Sportförderungsgesetz sollen die Sportanlagen im Kanton künftig besser koordiniert werden. Das könnte etwa bei Sanierungen von Hallenbädern hilfreich sein.

Der Kanton Luzern verhilft zunächst zur Übersicht: Die wichtigsten Sportanlagen im Kanton sind neu via Geoportal auf einer Webkarte einsehbar. Erfasst sind jene rund 50 Sportstätten mit insgesamt rund 120 Einzelanlagen, die im kantonalen Sportanlagenkonzept als Anlagen von regionaler, kantonaler oder nationaler Bedeutung erfasst sind. Auch die Westschweiz bleibt nicht aussen vor. Ein Inventar der Sportanlagen soll auch im Kanton Freiburg erstellt werden.