Wärmeverbund in Malters dank Genossenschaft
Die Gemeinde Malters im Kanton Luzern legt grossen Wert auf Nachhaltigkeit in allen Bereichen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Initiative zu einem Holz-Wärmeverbund aus der Bevölkerung selbst kam.
Die Gemeinde Malters liegt malerisch im Tal der Kleinen Emme, rund zehn Kilometer westlich von Luzern. Doch die Idylle trügt. Immer wieder verzeichnet das Dorf grosse Überschwemmungen. Zuletzt am 22. und 23. August 2005, als durch einen Dammbruch das Industriegebiet sowie ein grosser Teil der Ebene überflutet wurde. Der entstandene Schaden für Private und die Öffentliche Hand war enorm.
Der Hintergrund
Die Gemeinde hat – vielleicht durch den Umgang mit Naturgewalten – gelernt, mit den vorhandenen Ressourcen schonend umzugehen. Über die Hälfte der Gebäude wird zum Heizen und für Warmwasser bereits mit erneuerbarer Energie beliefert, wie der Energiespiegel für Gemeinden des Kantons Luzern zeigt. Und Malters trägt seit 2020 das Label Energiestadt.
Durch eine eindrückliche Kooperation zwischen einer Genossenschaft, der Gemeinde Malters und weiteren lokalen Partnern entstand nun ein Wärmeverbund. Anstoss dazu gab die Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft «woma», welche eine neue Heizung benötigte. Die Firma Schmid AG empfahl ein Wärmenetz mit erneuerbarer Energie, doch weitere Abnehmer mussten her. Fündig wurde man unter anderem bei der katholischen Kirchgemeinde Malters, und so wurde 2019 zusammen mit der Heitzmann AG eine Interessengemeinschaft gegründet.
Weitere Interessierte konnten gewonnen werden, wie die Gemeinde Malters. Der Gemeinderat Martin Wicki sagt dazu: «Wenn 100 Wohnungen ihren Wärmebedarf nicht mit elektrischer Energie mittels Wärmepumpe decken, sondern auf Fernwärme aus einer Holzschnitzelfeuerung setzen, können jährlich rund 350’000 kWh Strom eingespart werden. Es braucht jedoch verschiedene Wärmequellen parallel, da ein Wärmeverbund nur im dichten Siedlungsgebiet wirtschaftlich sinnvoll ist.»
«Wenn 100 Wohnungen ihren Wärmebedarf nicht mit elektrischer Energie mittels Wärmepumpe decken, sondern auf Fernwärme aus einer Holzschnitzelfeuerung setzen, können jährlich rund 350’000 kWh Strom eingespart werden.»
Auch die Waldregion Pilatus Nord macht mit: Malters besteht zu rund einem Viertel aus Wald, vorwiegend im Besitz von Privaten, die sich aus verschiedenen Gemeinden zur Waldregion Pilatus-Nord zusammengefunden haben und ihre Wälder gemeinsam bewirtschaften. Dieses Energieholz soll nun den neuen Wärmeverbund speisen.
Indirekt hat auch das Unwetter 2005 einen Einfluss auf die Entstehung des Wärmeverbundes, welcher mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation KliK umgesetzt wird. Durch die Überflutung mussten damals nämlich viele Heizungen gleichzeitig ersetzt werden, deren Ersatz sich nun mittelfristig abzeichnet. So kam die Idee eines Wärmeverbundes gerade zur rechten Zeit.
Die Umsetzung
Anfang 2022 war Baustart: Der Bunker für die Hackschnitzel im Untergeschoss der Heizzentrale im Industriequartier fasst 500 m3, geplant sind vier Heizkessel mit einer Gesamtleistung von 8 bis 9 MW, um die Schwach- und die Spitzenlast optimal abzudecken. Zudem werden zwei Wärmespeicher von rund 150'000 Litern in das System eingebunden. Zukünftig ist auch eine Wärme-Kraft-Kopplung angedacht, um nebst Wärme auch Strom für den Betrieb der Heizzentrale zu erzeugen.
Erste Wärmelieferungen sind Ende Winter 2022/2023 geplant: In einem ersten Schritt wird die Dorfkernzone südlich der Bahnlinie angeschlossen. Darauf folgt die Industrie und in einem letzten Ausbauschritt die Quartiere Muoshof inklusive Schule, Alterszentrum sowie weitere Gebäude in Richtung Luzern.
Die Genossenschaft
Christof Studhalter, Präsident der Genossenschaft, wurde zum «Rezept» der Erfolgsgeschichte befragt: In Malters seien der Wille und die Motivation gross, das Energiepotenzial der umliegenden Wälder zu nutzen und etwas für Malters zu machen. «Energie sollte dort produziert werden, wo der Bedarf ist, und von denjenigen Personen, welche sie auch benötigen. Dies garantiert eine hohe Qualität und Unabhängigkeit.» Zudem ist den Initianten wichtig, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt und alle mitbestimmen und davon profitieren können.
So wurde die frühere Interessengemeinschaft 2020 zu einer Genossenschaft. Da per Gesetz maximal sechs Prozent Zins auf Anteilscheine ausbezahlt werden dürfen, kann eine Genossenschaft nicht «ausgepresst» werden, sondern das Ziel ist, erneuerbare Energie zu günstigen Konditionen abzugeben. Nicht die Gewinnmaximierung, sondern eine nachhaltige und kostenbasierte Energieversorgung steht im Vordergrund. Mitmachen ist übrigens auch für Nicht-Wärmebezüger möglich, Anteilscheine gibt es ab 5000 Franken. Die Genossenschafter möchten aber ganz klar auch zukünftig in lokaler Trägerschaft verbleiben mit den Wärmebezügern als Hauptträgerschaft und nicht mit einem Energieversorgungsunternehmen.
«Energie sollte dort produziert werden, wo der Bedarf ist, und von denjenigen Personen, welche sie auch benötigen. Dies garantiert eine hohe Qualität und Unabhängigkeit.»
Die Finanzierung
Ohne Hürden geht es nie, diese zeigten sich in Form diverser Bewilligungen und der Finanzierung. Es gilt, sich über die Vor- und Nachteile verschiedener Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren und deren Entwicklung im Blick zu behalten. Neu besteht im Kanton Luzern die Möglichkeit, dass dieser den Anschluss an ein Wärmenetz zusätzlich fördert und eine Wirkungsaufteilung mit anderen Förderprogrammen möglich ist. Im Fall von Malters ergänzen die Förderung der Stiftung KliK und die Banken Clientis und Raiffeisen den finanziellen Grundstock, der durch die zehn Hauptgründer eingebracht wurde. Falls es vom Kanton noch finanzielle Unterstützung gibt, werden die Endkunden gegebenenfalls von Vergünstigungen profitieren können.
Christof Studhalter empfiehlt, sich frühzeitig nach Fördermitteln umzusehen. Ebenso ist es von Vorteil, wenn sich Energiebezüger mit Lieferanten und der Gemeinde zusammenschliessen und gemeinsam kooperieren. Nur durch das wertschätzende Mit- und Füreinander auf Augenhöhe aller Beteiligten, insbesondere auch der Stiftung KliK, sei es überhaupt möglich gewesen, das Vorhaben in so kurzer Zeit auf die Beine zu stellen.
Der Wärmeverbund Malters auf einen Blick
Eigner: Genossenschaft WV Malters
Beteiligte: Dorfzwing Malters, Gemeinde Malters, Heitzmann AG Holzenergie-Technik, Kath. Kirchgemeinde Malters, Landi Pilatus AG, Markus Schmid AG, Unitreuhand AG Malters, Waldregion Pilatus Nord, Weibel AG Holzverarbeitung, Wohnen Malters Genossenschaft
Wärmequelle: Hackschnitzel, monovalent
Trassenlänge: 6 km, warm
Jährlich gelieferte Wärmeenergie: 13'111 MWh/a
Wirkungsbeginn: Frühling 2023
Prognose bis 2030: 2600 Tonnen CO2
Förderung pro Jahr bis 2030: 260'000 Franken
Finanzierung: Eigenfinanzierung, Finanzhilfe der Stiftung KliK, evtl. vom Kanton
Programm Wärmeverbünde der Stiftung KliK
Bis einschliesslich 2030 fördert die Stiftung KliK die Betreiber von Wärmenetzen, die mit Energieträgern aus erneuerbaren Quellen betrieben werden, mit 100 bis 160 Franken pro Tonne anrechenbarer CO2-Reduktion. Die Beitragssätze wurden zum Teil um bis zu 60 Prozent erhöht, je nach Kanton. Eine wichtige Voraussetzung für eine Förderung ist, dass mit dem Bau, der Erweiterung oder der Umstellung des Wärmenetzes noch nicht begonnen worden ist und die Energieträger aus einer der folgenden Quellen stammen:
– Wasser (Grundwasser, See- oder Flusswasser, Trinkwasser)
– Abwasser (Kanal oder ARA)
– Industrie (z.B. aus Rechenzentren)
– Kehrichtverwertungsanlagen KVA
– Biomasse
SGV unterzeichnet Charta zur Förderung thermischer Netze
Gemeinden und Städte sowie Kantone und Bund wollen den Ausbau der thermischen Netze in der Schweiz rascher vorantreiben. Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des UVEK, sowie die Präsidenten der Konferenz kantonaler Energiedirektoren (EnDK), des Schweizerischen Gemeindeverbandes (SGV) und des Schweizerischen Städteverbandes (SSV) haben am 18. August 2022 eine entsprechende Charta unterzeichnet.
Das Potenzial der Wärmeversorgung mit thermischen Netzen ist gross, wird aber noch zu wenig erschlossen. Die Projektierung und Realisierung von thermischen Netzen ist komplex. Sie betrifft Zuständigkeitsbereiche von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden, wobei die unterschiedlichen rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Erwartungen bedeutende Hindernisse darstellen. Eine enge Zusammenarbeit aller drei Staatsebenen ist deshalb ein Schlüsselfaktor für die geplante Beschleunigung. Mit der Charta soll diese Zusammenarbeit weiter gefestigt und ausgebaut werden.