Strassenbegleitgrün: Welche Mähmaschinen sind ökologisch?
Werden Grünflächen entlang von Strassen mit Schlegelmulchern gemäht, so schadet dies den Insekten und Spinnentieren: Bis zu 80 Prozent sterben dabei. Mähmaschinen der neusten Generation versprechen, biodiversitätsfreundlicher zu sein. Eine neue, internationale Studie untersucht derzeit, welche technischen Massnahmen tatsächlich etwas nützen und die Insektenwelt schonen.
Das Strassenbegleitgrün, also Wiesen und Böschungen entlang von Strassen, sind unproduktive Flächen. Sie müssen aber trotzdem regelmässig gemäht werden, um die Sicherheit auf den Strassen zu gewährleisten. Gerade entlang von Hauptstrassen und Autobahnen muss das schnell gehen und wirtschaftlich sein, denn die betroffenen Abschnitte sollten nicht zu lange gesperrt werden, um den Verkehr nicht zu beeinträchtigen. Das hat Folgen für die Biodiversität. Am einfachsten und schnellsten geht das Mähen nämlich mit Schlegelmulchern, die das Mähgut zerhäckseln. Darunter leidet die Insektenwelt – und das liegen gebliebene Schnittgut sorgt für einen zu nährstoffreichen Boden, welcher der Biodiversität ebenfalls schadet.
Aus der Landwirtschaft wisse man, welche Art zu mähen die Biodiversität fördert, sagt Lukas Bollack. Er betreut beim Umweltbüro Nateco eine Studie zu biodiversitätsfreundlichen Mähmaschinen, an der auch die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) beteiligt ist. «Balkenmäher sind insektenfreundlicher als Schlegelmulcher», so Bollack. Und: Ideal wäre es, das Schnittgut ein paar Tage liegen zu lassen, damit die Pflanzen versamen können, und dann abzuführen, um eine Nährstoffübersättigung des Bodens zu verhindern. Ist dies nicht möglich, so ist es besser, das Schnittgut direkt abzuführen, als es liegen zu lassen.
Technik reagiert
Die Technik hat bereits reagiert: Maschinenhersteller bringen zum Beispiel Abstreifvorrichtungen an, die nicht nur die Samen von Pflanzen auf dem Boden verteilen, sondern auch Insekten animieren sollen, zu fliehen, bevor das Mähen beginnt. Auch verfügen die Maschinen der neusten Generation über eine weniger starke Sogwirkung sowie Vorrichtungen, mit denen das Schnittgut direkt aufgenommen und abtransportiert werden kann.
Diese Innovationen gehen auf eine Initiative aus Bayern zurück, wie Ralf Sander vom deutschen Maschinenhersteller Mulag erklärt. Seit 2019 gelten dort nach der Annahme eines Volksbegehrens besonders strenge Regeln zum Schutz der Biodiversität – auch für das Mähen von Strassenbegleitgrün. Das Strassenbauamt lud Maschinenhersteller und Biologen zu einem runden Tisch ein, um gemeinsam Lösungen zu finden. Im Anschluss entwickelte Mulag Maschinen mit den oben beschriebenen Anpassungen. Auch Schweizer Hersteller wie die Urs Schmid AG oder die N.U.P. bieten mittlerweile Ökomähköpfe an.
Nutzen messen
Doch was nützen diese Massnahmen effektiv? Ab wann gilt eine Mähmaschine als biodiversitätsfreundlich? Forschung dazu gibt es noch kaum. Antworten sucht die Studie, an der Lukas Bollack beteiligt ist und die vom Bundesamt für Strassen (Astra) sowie seinen deutschen und österreichischen Pendants in Auftrag gegeben wurde. Im Sommer 2023 wurden Feldversuche durchgeführt, die derzeit ausgewertet werden. Mit ersten Resultaten rechnet Bollack 2026. «Es hat sich als ziemlich schwierig erwiesen, eine standardisierte Messung durchzuführen», sagt Bollack. Denn je nach Grünfläche und Tageszeit variiert die Anzahl Insekten darin sehr stark. Zum Schluss behalf sich die Forschergruppe mit Insektenattrappen aus Wachs.
Obwohl das Forschungsprojekt noch nicht abgeschlossen ist, kann Lukas Bollack Gemeinden, die bei der Grünflächenpflege die Biodiversität schützen wollen, einige Tipps geben: «Balkenmäher sind besser als rotierende Messer, und es hilft, das Gras nicht ganz kurz abzuschneiden», sagt er. Aber es komme nicht nur auf die Maschine an: «Auch der Mähzeitpunkt hat einen Einfluss.» Wichtig sei es überdies, Altgrasinseln stehen zu lassen, wohin die Insekten flüchten könnten. Interessierte Gemeinden können sich von kantonalen Fachstellen oder Ökobüros beraten lassen.
«Balkenmäher sind insektenfreundlicher als Schlegelmulcher, und es hilft, das Gras nicht ganz kurz abzuschneiden.»
Noch viel Potenzial
Die Schweizer Politik ist bereits auf das Thema aufmerksam geworden. Der Bund hat dem Astra und den Bahnunternehmen die Vorgabe gemacht, dass sie 20 Prozent ihrer Fläche zur Biodiversitätsförderung nutzen müssen. Und im Kanton Zürich darf entlang der Kantonsstrassen nur noch mit Balkenmähern gearbeitet werden.
Die Nachfrage nach schonenderen Mähmaschinen ist da, weiss Ralf Sander von Mulag: Er hat bisher fünf Grünpflegeköpfe der neusten Generation in die Schweiz verkauft. Anfragen kamen bisher aus den Kantonen Aargau, Baselland, Graubünden und Wallis. Ralf Sander ist überzeugt, dass sich in diesem Bereich in Zukunft noch viel tun wird, sobald Erkenntnisse der erwähnten Studie, aber auch von anderen Forschergruppen vorliegen. Und: «Das Feedback unserer Kunden fliesst direkt in die Weiterentwicklung der Geräte mit ein.»