Mit den drei Hauptaufgabengebieten, der Arbeitsweise intern, den Public Innovators und dem Smart Service Portal verschreibt sich das Vorhaben dem Grundsatz «Digital first» und «Human first».

So machen sich die Aargauer Gemeinden fit für Digitales

19.04.2021
4 | 2021

Mit dem digitalen Innovationsprogramm «Fit4Digital» gestaltendie Aargauer Gemeinden zusammen mit dem Kanton die Entwicklung von E-Government aktiv mit. Dazu gehören ein Smart Service Portal für die Bevölkerung und die Verwaltung sowie Public Innovators.

Die Kraft der Digitalisierung haben wir vor allem im letzten Jahr sehr deutlich zu spüren bekommen. Die Einschränkungen durch die Pandemie gaben der digitalen Transformation nochmals einen wuchtigen Schub nach vorne – zu wuchtig? Prozesse sollen vereinfacht, die Effizienz gesteigert und das Leben erleichtert werden. Es gibt bereits viele private Unternehmen, die diesen Ansatz sehr gut umsetzen können, da es in der Zwischenzeit auch genug Experten auf diesem Gebiet gibt.

Doch gilt dies auch für die Behörden, die nicht so unabhängig sein können, die nicht einfach so autonom entscheiden dürfen? Können wir, im sonst bereits unübersichtlich erscheinenden Behördendschungel, mit seinen Zuständigkeiten, komplexen Prozessen und Abläufen, Klarheit schaffen? Wäre es nicht schön für Einwohnerinnen und Einwohner, wenn sie alles, was sie brauchen, an einem Ort fänden?

Bloss nicht wie bei Asterix und Obelix

Erinnern Sie diese Fragen auch ein wenig an zwei Freunde, die eigentlich nur einen Passierschein A38 in einer Behörde abholen wollten? Asterix und Obelix in Rom zeigen auf ihre sympathische und zeitlose Weise, was viele unserer Kundinnen und Kunden erlebt haben. Sie rennen von Etage zu Etage, von Schalter zu Schalter, von Formular zu Formular und von einer Aussage zur anderen, haben aber bis fast zum Schluss keinen Schritt vorwärts gemacht. Die Behörde musste überlistet werden, am Schluss auch mit Erfolg! Selbstverständlich ist das überzeichnet. Wohl nur wenige Länder können eine schlankere und effizientere Verwaltung vorweisen als die Schweiz.

Springen wir wieder zu den zwei Galliern – denn der (Wildschwein-) Spiess hat sich gedreht! Die digitale Transformation wird die Gesellschaft und Verwaltung in den kommenden Jahren weiterhin massgeblich prägen und beeinflussen. Mit dem digitalen Innovationsprogramm «Fit4Digital» wollen die Aargauer Gemeinden zusammen mit dem Kanton über dessen Programm «SmartAargau» diese Entwicklung aktiv mitgestalten und für ihre Einwohnerinnen und Einwohner und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine moderne und kundenzentrierte Service- und Dienstleistungserbringung realisieren. Mit den drei Hauptaufgabengebieten, der Arbeitsweise intern, den Public Innovators und dem Smart Service Portal verschreibt sich das Vorhaben dem Grundsatz «Digital first» und «Human first».

Smart Service Portal für Bevölkerung und Verwaltung

Das Smart Service Portal ist einerseits ein Kundenportal, mit welchem die Einwohnerinnen und Einwohner ihre Verwaltungsleistungen, unabhängig der föderalen Ebene, zentral bestellen und verwalten können. Das kann alles Mögliche sein: das Steuerkonto, Fahrzeugdaten vom Strassenverkehrsamt, Grundbuchinformationen, Services im Heimtier-Bereich oder Informationen zu den Gebühren (Wasser, Abwasser, Energie, etc.). Vorneweg: Das Smart Service Portal wird laufend um Dienstleistungen erweitert und wird somit nie fertig sein.

Andererseits ist es eine Prozessmaschine, die die kommunalen Verwaltungsleistungen automatisiert abwickeln und die dafür benötigten Daten aus den unterschiedlichen Datenbanken verknüpfen kann. Es nutzt also verschiedenen Seiten. Auf der einen Seite können die Einwohnerinnen und Einwohner ihre Verwaltungsleistungen zentral an einem Ort zu jeder Uhrzeit beziehen, auf der anderen Seite wird die Verwaltung entlastet und kann die vorhandenen Ressourcen effizienter einsetzen. Es kann also alles auf einem Webportal bezogen werden. Ich denke, Obelix hätte Freude daran, denn so hätten  er und Asterix sich das Treppensteigen sparen können.

Das Smart Service Portal ist nicht nur ein Kundenportal, sondern vernetzt auch die kommunale Verwaltung, was wiederum die interne Arbeitsweise verändert. Unabhängig von Staatsebene, Departement oder Abteilung können Daten und Informationen bezogen, vernetzt und entweder der Kundin direkt ausgeben oder einem Verwaltungsmitarbeiter für die weitere Bearbeitung zur Verfügung gestellt werden. Die Verwaltungsprozesse können also vom Smart Service Portal bis in die Verwaltung End-to-End abgewickelt werden. Davon hätte der Präfekt (oberster Verwaltungsbeamter) im Haus, das Verrückte macht, nur träumen können!

Public Innovators für Arbeitskultur und Verwaltungsprozesse

Die Public Innovators sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Aargauer Gemeinden, die sich in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Sektors bestens auskennen. Gemeinsam und geleitet von einer Reihe von Grundsätzen wollen sie die öffentlichen Dienstleistungen verbessern und ihre Arbeitsweise der Entwicklung anpassen. Dabei liegt der Fokus nicht bei der IT-Infrastruktur, sondern vielmehr bei der Weiterentwicklung der Arbeitskultur und dem Überdenken bzw. Überarbeiten von Kunden- und Verwaltungsprozessen. Betroffene werden zu Beteiligten gemacht, damit nicht nur die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden berücksichtigt werden, sondern auch die der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Gerade sie sind entscheidend, damit die Verwaltung auch künftig als moderne Arbeitgeberin wahrgenommen wird.

Bereits haben sich gegen 80 kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den verschiedensten Fachbereichen angemeldet, die bei der künftigen Ausgestaltung der Services mithelfen wollen.

Digitalisierungs-Fünfliber

Die Aufwendungen werden mittels des «Digitalisierungs-Fünflibers» über einen Zeitraum von vier Jahren getragen. Dabei leisten die Gemeinden und der Kanton je die Hälfte der Kosten, entweder als finanzieller Beitrag oder als Sachleistungen. Die Zusammenarbeit zwischen den föderalen Ebenen basiert auf einer Rahmenvereinbarung. Obwohl der Kostenbeitrag für die Gemeinden nicht gesetzlich geregelt ist, haben rund 80 % der Gemeinden den Kostenbeitrag von 2,50 Franken geleistet. Eine tolle Unterstützung der Gemeinden für die Schaffung des kundenzentrierten Smart Service Portal im Kanton Aargau.Dasselbe Vorgehen soll auch im Kanton Luzern verankert werden.

 

Gérald Strub
Gemeindeammann von Boniswil am Hallwilersee (AG), Vorstandsmitglied Schweizerischer Gemeindeverband (SGV) und Inhaber der Strub & Partner GmbH

Die Strub & Partner GmbH bezieht im Rahmen ihres Publis Public Info Service Mandats seit Beginn der E-Government-Zusammenarbeit im Kanton Aargau (2013) die kommunalen Bedürfnisse in die Umsetzung von E-Government-Lösungen mit ein.