Smarte Massnahmen sollen vor allem den Menschen dienen – das ist die Devise von Gland.

Smart City Gland: Der Mensch im Zentrum

05.05.2023
5 l 2023

Die Gemeinde Gland (VD) ist seit 2019 auf dem Weg, eine Smart City zu werden. Im Juni wird sie einen Aktionsplan vorstellen. Das Ziel der Behörden: die kollektive Intelligenz der Bevölkerung in den Prozess miteinbeziehen. 

Der Begriff «Smart City» ist bei den Gemeinden, aber auch in der breiten Bevölkerung längst angekommen. Im breiten Verständnis wird das Konzept vor allem mit technischen Aspekten in Verbindung gebracht. Es geht aber auch anders, wie das Beispiel der Waadtländer Gemeinde Gland zeigt. «In unserem Verständnis stellt eine intelligente Stadt den Menschen ins Zentrum», sagt die Stadtpräsidentin Christine Girod. «Wir wünschen uns, dass die Massnahmen unserer Stadtverwaltung so gut wie möglich die Bevölkerung und ihre Bedürfnisse widerspiegeln.» Ein Beispiel dafür sind die gemeinschaftlichen Gemüsegärten, welche die Stadt vor Kurzem ins Leben gerufen hat. Ein Lowtechprojekt, das sich dank dem gemeinschaftlichen und nachhaltigen Aspekt perfekt in die smarte Vision einfüge, wie Girod sagt.

In der Stadt mit rund 13 000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird der Smart-City-Ansatz seit 2019 verfolgt, nach einer Motion im Gemeinderat, dem Parlament von Gland. Danach ging es Schlag auf Schlag. 2022 wurde die Bevölkerung – Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch Unternehmen und Studierende – eingeladen, an einer Umfrage teilzunehmen. «Konkret haben wir eine Website aufgeschaltet mit potenziellen smarten Projekten aus allen Teilen der Verwaltung. Parallel haben wir einen Ideenwettbewerb lanciert.» Sportmaterial zur freien Verfügung, Entwicklung der Partizipation der Bevölkerung, die Pflege von Seniorinnen und Senioren zu Hause oder ein Rufbus standen auf der Liste der Optionen in der Umfrage. Diese hatte einen grossen Erfolg, freut sich Christine Girod. «Wir erhielten rund 600 Rückmeldungen sowie ungefähr 50 Vorschläge.» Auf dieser Basis wurde eine vertiefte Analyse durchgeführt. «Die Resultate der Analyse sowie ein Aktionsplan werden im Juni präsentiert.»

Dass sich alles so rasch entwickelt hat, dürfte daran liegen, dass der Smarty-City-Geist – wie etwa die Partizipation der Bevölkerung und die Aufnahme von Anliegen aus der Bevölkerung – bestens zu den Werten von Gland passt. Dazu gehörten etwa die soziale Kohäsion und das Zuhören, beobachtet Christine Girod. «Neu ist, dass wir diesen Werten einen Namen geben und versuchen, sie systematisch und ganz konkret umzusetzen.» Die Stadtpräsidentin, zu deren Aufgabenbereichen die Aufsicht der Verwaltung, die IT, die Kommunikation sowie die nachhaltige Entwicklung gehören, geht sogar noch weiter: «Wir wollen unseren internen Prozessen ein Image geben, unsere Art zu arbeiten neu definieren und uns vor allem auf die kollektive Intelligenz der Bevölkerung stützen.»

«In unserem Verständnis stellt eine intelligente Stadt den Menschen ins Zentrum. Wir wünschen uns, dass die Massnahmen unserer Stadtverwaltung so gut wie möglich die Bevölkerung und ihre Bedürfnisse widerspiegeln.»

Christine Girod, Stadtpräsidentin von Gland (VD)

Ein partizipatives Budget

Um den Menschen zu dienen, muss eine Smart City diverse Parameter beachten. In Gland wird das Konzept wie folgt definiert: «Eine Stadt, die zu einer hohen Lebensqualität für ihre Bewohnerinnen und Bewohner beiträgt und gleichzeitig dank einer intelligenten Kombination von Infrastruktur und technologischen Innovationen ebenso wie dank partizipativen und inklusiven Ansätzen, die mit einer nachhaltigen Perspektive umgesetzt werden, so wenig Ressourcen wie möglich verbraucht.» Für die Verwaltung heisst das: Bei Projekten stets zu fragen, ob diese auch «smart» umgesetzt werden können, wie Christine Girod erklärt. Um smart zu sein, muss ein Projekt mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: Beziehung zum Menschen (partizipativer Ansatz), Effizienz (den Alltag vereinfachen, Nachhaltigkeit) oder Technologie (Verbindungen herstellen, Datensammlung ermöglichen).

Die Stadtpräsidentin verweist auf die Sanierung der Kanalisation bei einer Strasse zum Bahnhof, die vor Kurzem durchgeführt wurde. «Wir haben im Rahmen dieser Arbeiten einen Veloweg realisiert.» Das Projekt erfüllte das erste und das zweite der oben genannten Kriterien. Auf der Homepage zur Smart City Gland finden sich diverse weitere Beispiele. Unter den Projekten, die noch nicht bestätigt sind, befinden sich zum Beispiel interaktive Informationstafeln in den Verwaltungsräumen, mit denen auch Umfragen möglich sind; eine mobile App für die lokalen Transportdienstleistungen oder ein partizipatives Budget. Bei Letzterem soll die Stadt einen Teil ihres Budgets zur Realisierung von Projekten, die aus der Bevölkerung kommen, bereitstellen. «Dabei handelt es sich um einen der gelungensten Ansätze der Bürgerbeteiligung, der zeigt, wie weit das Konzept ‹smart› gehen kann», sagt Christine Girod dazu.

Zu den Projekten, die sich bereits in der Realisierungsphase befinden, gehört der Onlineschalter. «Zusätzlich zu den traditionellen Schaltern ermöglicht dieser den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen rund um die Uhr einen sicheren Zugang zu einer Reihe von kommunalen Dienstleistungen», erklärt die Stadtpräsidentin. Was den «Lichtplan» betrifft, so zielt er auf eine intelligente und dynamische öffentliche Beleuchtung ab, die sowohl den Bedürfnissen der Nutzenden als auch den ökologischen und geopolitischen Herausforderungen Rechnung trägt. «Die Bevölkerung wurde bereits 2022 mehrmals in das Projekt miteinbezogen, zum Beispiel um zu definieren, in welchen Zonen der Stadt das Licht gedimmt werden könnte.» Bereits umgesetzt ist das Projekt der Solarkooperativen. «Es ermöglicht Einwohnerinnen und Einwohnern, die kein eigenes Dach besitzen, in Solarpanels zu investieren.» Eine grosse Fotovoltaikanlage konnte so auf dem Dach einer Schule realisiert werden.

Die Herausforderung der Inklusion

Die insgesamt positiven Reaktionen aus der Bevölkerung stärken das Vertrauen von Christine Girod und den Gemeindebehörden in die Akzeptanz ihres Smart-City-Ansatzes. Dennoch bleiben einige grosse Herausforderungen bestehen, wie die Stadtpräsidentin sagt. Die erste: die Information, vor allem rund um die Nachhaltigkeit. «Damit die Projekte erfolgreich sind, müssen die Menschen bereit sein, ihre Gewohnheiten zu verändern; die Änderungen müssen für sie also Sinn ergeben.» Eine andere Herausforderung ist wenig überraschend finanzieller Natur, auch wenn die Stadtpräsidentin momentan noch keine genauen Zahlen nennen kann. Da der soziale Zusammenhalt im Mittelpunkt des gesamten Ansatzes steht, «müssen wir ausserdem darauf achten, dass wir keine Bevölkerungsgruppe ausschliessen, insbesondere diejenigen nicht, die weniger leicht Zugang zu neuen Technologien haben».

Patricia Michaud
Übersetzung: Nadja Sutter
Freie Mitarbeiterin