Mit digitaler Partizipation neue Ideen entwickeln
Wenn sich Gemeinden, Städte und Regionen nachhaltig entwickeln sollen, ist der Einbezug von verschiedenen Akteurs-gruppen ein Baustein dazu. Im Zuge der Corona-Pandemie haben digitale Kanäle und Formate bei der Partizipation vermehrt Einzug gehalten.
Gemeinsam herausfinden, wo in der Gemeinde oder Region der Schuh drückt und innovative Ideen für die Zukunft entwickeln – das funktioniert auch online. Wie, zeigt das «Next Generation Lab» von regiosuisse, bei dem ein co-kreativer Ansatz zur Ideenentwicklung im virtuellen Raum getestet wurde.
Neue Köpfe und Ideen einbinden
Beim «Next Generation Lab» waren vier Teams mit jungen Erwachsenen aus dem Ober- und Unterwallis sowie den Regionen Prättigau/Davos und Frauenfeld dabei . An zwei eintägigen Workshops identifizierten sie die zentralen Herausforderungen ihrer Region und entwickelten Projektideen. Per Videokonferenz waren die Teams mit Coaches aus dem regiosuisse-Team verbunden. Detaillierte Anleitungen und Vorlagen für sämtliche Arbeitsschritte standen auf einem Online-Whiteboard bereit. Für zusätzlichen regionalen Bezug sorgten Mentorinnen und Mentoren aus den Regionen, die punktuell zugeschaltet wurden.
Die entwickelten Ideen waren vielfältig: Plattform für die Direktvermarktung regionaler Produkte, digitale Vereinsplattform für die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Fahrradbetriebene Ortsbeleuchtung, Soft Mobility Tour als touristisches Angebot. Die Jury, die die Projektideen bewertete, zeigte sich beeindruckt. Lob für das Format gab es auch von den Teilnehmenden und den beteiligten Regionen. Letztere schätzten es, direkt den Puls der jungen Generation zu fühlen und konkrete Inputs für ihre Region zu erhalten.
Als Ideengenerator hat sich das Lab bewährt. Für die Umsetzung der Projektideen sind jedoch zusätzliche Schritte notwendig. Mit dem «Next Generation Inkubator» plant regiosuisse daher für 2022 eine Weiterentwicklung.
Digitale Möglichkeiten gezielt nutzen
Im Zürcher Weinland setzen die Verantwortlichen auf die hybride Partizipation und zwar bei dem vom Bund unterstützten «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung». Die Kombination von Online- und Offline-Methoden soll eine breite Beteiligung verschiedener Akteursgruppen bei der Erarbeitung der Entwicklungsstrategie «Mis Wyland 2040» gewährleisten. Konkret wird von 2020 bis 2023 jährlich eine öffentliche Veranstaltung mit vorgelagerten Online-Umfragen durchgeführt.
Für die Zielformulierung konnten Personen aus dem Weinland 2020 via Projektwebsite mitteilen, was das Weinland für sie bedeutet, wie sich die Region weiterentwickeln soll und was sie sich für die Zukunft wünschen. Auf einer Schatzkarte konnten sie zudem ihre Lieblingsorte eintragen, was wertvolle Erkenntnisse über die Qualitäten der Region lieferte. An einer öffentlichen Veranstaltung diskutierten anschliessend 90 Personen über die Zukunft der Region. Die Ergebnisse der Umfrage und der Zukunftskonferenz bildeten die Basis für die Entwicklungsstrategie, die wiederum online und an einer Konferenz zur Debatte gestellt wird. Interessierte können sich auf der Projektwebsite laufend über den Prozess informieren und Rückmeldungen einsehen.
Das Zwischenfazit ist positiv: Bedürfnisse und Wünsche für die Zukunft abzuholen, hat online funktioniert. Es konnten zusätzliche Personen erreicht werden, die an der Veranstaltung nicht teilnehmen konnten oder wollten. Der persönliche Austausch war jedoch wertvoll und wird aus Sicht der Projektleitung noch bedeutender, wenn es 2022 darum geht, Massnahmen zu definieren und Verantwortliche für die Umsetzung zu gewinnen.
Als Knackpunkt erwies sich trotz umfassender Kommunikationsbemühungen das Aktivieren der jüngeren Generation, woran derzeit gearbeitet wird. Beim Next Generation Lab von regiosuisse bewährte es sich diesbezüglich, neben Online-Kanälen auch auf altbekannte Kommunikationswege, persönliche Netzwerke und gezielt ausgesuchte Multiplikatoren zu setzen.
Goldener Mittelweg
Digitale Partizipation wird die analoge Partizipation wohl in Zukunft nicht ablösen. Sollen längerfristige Entwicklungsprozesse angestossen oder Menschen vor Ort zum Mitwirken bewegt werden, bleiben persönliche Treffen ‒ zumindest in Ergänzung ‒ wichtig. Gleiches gilt in Krisen- und Konfliktsituationen oder bei sensiblen Themen, wo das Zwischenmenschliche zentral ist. Eine geschickte Kombination beider «Welten» eröffnet jedoch neue Wege, um breitere und neue Zielgruppen mit ihren Bedürfnissen, Ideen und ihrer Tatkraft in die Entwicklung der Gemeinden und Regionen einzubinden.
Wissen für die regionale Entwicklung
Regiosuisse unterstützt Personen in Gemeinden, Regionen, Kantonen oder auf Projektebene bei ihrem Engagement für die regionale Entwicklung mit Wissen und Vernetzungsangeboten. Auf der Webseite findet sich u.a. das Themendossier «Digitale Partizipation» mit weiteren Tipps und Beispielen sowie Informationen zum «Next Generation Inkubator», für den interessierte Gemeinden, Städte und Regionen gesucht werden.
Die Angebote von regiosuisse werden seit 2008 vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) über die Neue Regionalpolitik (NRP) und seit 2016 auch vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) finanziert. Digitalisierung ist ein Fokusthema der NRP.
Die Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung werden von acht Bundesstellen getragen, u. a. von ARE und SECO.