Lösungsansätze gegen den Fachkräftemangel im Fokus
Der Fachkräftemangel ist zentrales Thema der GV des Schweizerischen Gemeindeverbandes im Juni. Mit dabei sind Karin Freiermuth und Christoph Vogel, die an der FHNW zu neuen Arbeitsmodellen in Gemeinden forschen.
Karin Freiermuth und Christoph Vogel, Sie untersuchen in Ihrem Forschungsprojekt an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW die Förderung gleichberechtigter Teilhabe an (Kader-)Positionen in Schweizer Gemeindeverwaltungen. Was hat dies mit dem aktuellen Fachkräftemangel zu tun?
Für viele Gemeinden wird es zunehmend schwierig, offene Kaderstellen schnell und adäquat zu besetzen. Dabei gäbe es viele gut qualifizierte Frauen, die in Führungspositionen aber noch deutlich untervertreten sind. In unserem Projekt implementieren wir neue Arbeitsmodelle für Kaderpositionen, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern. Dies soll die Unterrepräsentierung von Frauen in der Führung verringern und gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
«In unserem Projekt implementieren wir neue Arbeitsmodelle für Kaderpositionen, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern.»
Mit welchen Massnahmen können Gemeinden die gleichberechtigte Teilhabe fördern?
In unserem Projekt konzentrieren wir uns auf die Umsetzung von flexiblen Arbeitsmodellen wie Topsharing, Teilzeitlösungen, Nachfolgeplanung mit Personalentwicklung und weiteren. Zudem bieten wir unter anderem ein Mentoringprogramm an, mit dem Mitarbeitende – insbesondere Frauen – in ihrer Laufbahnplanung unterstützt werden und dadurch ihr Potenzial ausschöpfen können. Auch erarbeiten wir einen Sensibilisierungsworkshop zum Thema Gleichstellungskompetenz, an dem auch Vertretende aus dem Gemeinderat teilnehmen können.
Inwiefern sind diese Massnahmen auch für kleine Gemeindeverwaltungen geeignet?
Zwei Gemeindeverwaltungen mit sehr wenigen Verwaltungsmitarbeitenden machen bei unserem Projekt mit; dies gibt uns die Möglichkeit, zu prüfen, inwiefern die Arbeitsmodelle und Massnahmen in kleinen Verwaltungen anschlussfähig sind. Auch wenn kleinere Verwaltungen augenscheinlich einfacher zu überblicken sind, sind die Herausforderungen keinesfalls geringer. In einer dieser kleinen Projektpartnergemeinden planen wir aufgrund von anstehenden Pensionierungen eine komplette Neubesetzung aller vier Verwaltungsmitarbeitenden inklusive des Gemeindeschreibers selbst. Je kleiner die Verwaltung ist, desto schwieriger kann es sein, Aufgaben und (Teil-)Pensen auf mehrere Mitarbeitende zu verteilen. Anschlussfähige Massnahmen zur Nachfolgeplanung sind besonders hier keine einfache Sache.
«Je kleiner die Verwaltung ist, desto schwieriger kann es sein, Aufgaben und (Teil-)Pensen auf mehrere Mitarbeitende zu verteilen.»
Konnten Sie im Rahmen des Forschungsprojekts feststellen, ob die Massnahmen die Attraktivität der Gemeinden als Arbeitgeberinnen steigert?
Ja, dazu können wir aktuell zwei Beispiele machen: Eine Gemeinde, die sich dazu entschied, eine Führungsstelle im Topsharing anzubieten, erhielt deutlich mehr gute Bewerbungen als bei der ersten Ausschreibungsrunde, als die Stelle klassisch in einem 100-Prozent-Pensum ausgeschrieben worden war. Eine andere, mittelgrosse Gemeinde bietet ihren Mitarbeitenden – auch in der Führung – neu die Möglichkeit, mobil flexibel zu arbeiten. Für die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden ist dies ein wichtiges Argument und wurde von den bisherigen Bewerbenden entsprechend positiv hervorgehoben.
GV: Präsentationen und Podiumsgespräch zum Fachkräftemangel
An seiner Generalversammlung am Donnerstag, 8. Juni, im Rahmen der Messe Suisse Public in Bern beschäftigt sich der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) vertieft mit dem Fachkräftemangel, mit dem derzeit viele Gemeinden kämpfen. Vertreterinnen und Vertreter aus den Gemeinden sowie Expertinnen und Experten stellen beispielhafte Projekte vor, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken sollen.
Karin Freiermuth und Christoph Vogel von der Fachhochschule Nordwestschweiz präsentieren ihr Forschungsprojekt zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe an (Kader-)Positionen in Schweizer Gemeindeverwaltungen. Marco Studer und Dina Dreussi stellen die Initiative der Luzerner Gemeinden vor, um die Lehre auf Gemeindeverwaltungen zu fördern. Micheline Guerry-Berchier, Präsidentin Französischsprachige Ausbildung der Gemeindekader (FR2C) und Direktorin des Freiburger Gemeindeverbandes, spricht über die Ausbildung für Gemeindekader in der Romandie.
Anschliessend wird das Thema an einem Podiumsgespräch vertieft, an dem neben Micheline Guerry-Berchier auch Jörg Kündig, SGV-Vizepräsident, Präsident der Gemeindepräsidien des Kantons Zürich und Gemeindepräsident von Gossau (ZH), Thomas Kolleger, Leiter des Amts für Gemeinden des Kantons Graubünden, sowie Rémy Hübschi, stellvertretender Direktor und Leiter Berufs- und Weiterbildung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), teilnehmen werden.