Kunststoffe: In den Kuh-Bag oder auf die Entsorgungsanlage
In der Ostschweiz gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Kunststoffrecycling zu fördern. Eine davon ist der Kuh-Bag, der von 130 Gemeinden in vier Kantonen unterstützt wird. Eine weitere Initiative ist die koordinierte Kunststoffsammlung.
PET-Flaschen, Glas oder Papier: Viele Materialien werden gesammelt, aufbereitet und für die Herstellung neuer Produkte verwendet. Auch Kunststoff ist ein vielfältiger Werkstoff und kann – teilweise – recycelt werden. Das ist umweltschonend und nachhaltig, da ein Kilogramm recycelter Kunststoff bis zu drei Liter Rohöl spart und die Wiederverwertung ein wichtiger Teil der Kreislaufwirtschaft ist.
Die Sammlung von Kunststoffprodukten erfolgt in der Ostschweiz unterschiedlich. Nebst den Angeboten des Detailhandels gibt es verschiedene regionale Initiativen. Eine davon ist der Kuh-Bag. Die drei Abfallverbände Zweckverband Abfallverwertung (ZAB) Bazenheid, Abfallregion (A-Region) St. Gallen-Rorschach-Appenzell und Kehrichtverwertungsanlage (KVA) Thurgau bieten seit ein paar Jahren ein Sammelsystem für gemischten Kunststoff an. Der Kuh-Bag ist ein gebührenpflichtiger Sack und dient als Ergänzung zur PET-Sammlung. Darin können Shampoo-, Waschmittel-, Rahm- und Milchflaschen sowie Zahnpastatuben, Blumentöpfe und andere Plastikverpackungen entsorgt werden. Ist der Sack voll, kann er an einer der zahlreichen Rückgabestellen abgegeben werden. 130 Gemeinden zwischen Stein am Rhein und Säntis beteiligen sich seit der Einführung am Kunststoff-Sammelsystem.
«Es läuft gut»
Eine dieser Gemeinden ist Teufen im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Hier gibt es drei Sammelstellen; zwei unbediente und eine bediente. Roman Imhof, Fachverantwortlicher Umwelt und Energie der Gemeinde Teufen, ist mit dem bisherigen Verlauf zufrieden. «Die Container werden rege genutzt, was zwei Leerungen pro Woche zur Folge hat», sagt er und ergänzt: «Das Sammeln von gemischtem Kunststoff basiert bei uns auf freiwilliger Basis. Es gibt praktisch keine Rückmeldungen zum Kuh-Bag. Das zeigt uns, dass die Nutzerinnen und Nutzer eine gewisse Disziplin mitbringen und die Sammelstellen sauber halten.» Separate Zahlen aus Teufen zur Sammelmenge gibt es nicht. Allerdings wurden im Jahr 2022 in der gesamten A-Region mit rund 40 Gemeinden, zu denen auch Teufen zählt, 89 700 35-Liter- und 62 600 60-Liter-Säcke verkauft. Insgesamt wurde 280 Tonnen gemischter Kunststoff gesammelt.
In der Abfallregion der KVA Thurgau mit etwa 70 Gemeinden waren es im vergangenen Jahr 608 Tonnen Kunststoff. Spezifische Zahlen zu den einzelnen Gemeinden gibt es auch hier nicht, da der Kuh-Bag zentral von der KVA Thurgau organisiert und geregelt wird. Die Stadt Arbon macht seit Jahren bei diesem Sammelsystem mit und sieht keinen Grund, dies künftig zu ändern. «Es läuft gut, was das Einsammeln betrifft, mir sind keine Beschwerden aus der Bevölkerung bekannt», sagt Peter Grau, Bereichsleiter Umwelt/Energie bei der Stadt Arbon. Der Kuh-Bag kann an insgesamt sechs Verkaufsstellen erworben und an vier Orten zur Entsorgung abgegeben werden. In Arbon werden die Sammelsäcke wöchentlich mit einem Pressfahrzeug abgeholt und dann mit Säcken anderer Sammelstellen des Verbandsgebietes nach Eschlikon zur Inno Recycling gefahren. Dort werden alle Kuh-Bags in Ballen verpresst und dann in die Sortieranlage in Vorarlberg gefahren. Jener Teil des Kunststoffs, der stofflich verwertbar ist, wird recycelt und zu Granulaten verarbeitet. Diese Granulate werden vor allem in der Industrie zur Herstellung von Bauprodukten wie Kabelschutzrohren und -abdeckungen verwendet.
«Der Kuh-Bag läuft gut, was das Einsammeln betrifft, mir sind keine Beschwerden aus der Bevölkerung bekannt.»
Chur verzichtet auf Kuh-Bag
Der Transport zu den Sortierungsanlagen, aber auch die Tatsache, dass «nur» rund 55 Prozent der Sammelmenge stofflich wiederverwertet werden können und rund 45 Prozent zurück zur thermischen Verwertung kommen, hat dem Kuh-Bag vor allem am Anfang Kritik eingebracht. Mittlerweile seien diese Stimmen verstummt, und der Kuh-Bag habe sich etabliert, sagt Urs Corradini, Verantwortlicher Marketing und Kommunikation des ZVA Bazenheid.
Für die Stadt Chur (GR) waren die Transportwege und die geringe stoffliche Wiederverwertung jedoch mit ein Grund, dass sie sich gegen die Einführung eines gebührenpflichtigen, separaten Sammelsacks für gemischte Haushaltkunststoffe entschieden hat. Dies wäre der falsche Weg gewesen, sagt Reto Gruber, Dienststellenleiter Grün und Werkbetrieb. Der Transportweg zur Sortierung ins Ausland sei zu lang, der Sortieraufwand zu gross, die Kosten für den Spezialsack zu hoch und die prozentuale Wiederverwertung des gemischten Haushaltkunstoffs zu gering.
«Echte Alternativen zu gemischten Kunststoffen fehlen aktuell, haben entweder Tücken oder eine ungünstige Ökobilanz.»
Trotzdem legt die Stadt grossen Wert auf das Sammeln und Recycling von Materialien. Dazu zählen auch reine Kunststoffe wie Hohlkörper von beispielsweise Milch- und Waschmittelbehältern, wie es der Detailhandel vormacht. «Diese Stoffe haben eine sehr hohe Wiederverwertungsquote», sagt Gruber. Sie können bei der städtischen Multisammelstelle abgegeben werden. «Echte Alternativen zu gemischten Kunststoffen fehlen aktuell, haben entweder Tücken oder eine ungünstige Ökobilanz.» Eine mögliche Lösung sei aber im Zuge der Kreislaufwirtschaft bei Swissrecycling in Sicht, wo in Zusammenarbeit mit den Inverkehrbringern und weiteren Städten eine vorgezogene Recyclinggebühr analog dem PET- und Glasrecycling diskutiert werde, so Gruber. Diese Lösung erachtet er als ökonomischer und ökologischer. Auch weil aus dem im Abfall gelandeten, nicht recyclingfähigen Kunststoff Fernwärme generiert werde.
Kunststoff in die Entsorgungsanlage
In anderen Regionen der Ostschweiz wird ebenfalls mehrheitlich auf Sammelstellen in Entsorgungsanlagen gesetzt. So wie im St. Galler Rheintal. Hier sind die Gemeinden dem Zweckverband Kehrichtverwertung Rheintal (KVR) angeschlossen, und viele Entsorgungsfragen werden gemeinsam geregelt. Auch jene des Kunststoffs. «Wir haben in Entsorgungsanlagen verschiedener Gemeinden wie Altstätten und Au Sammelstellen für Kunststoffabfälle eingerichtet», sagt Boris Schedler, Geschäftsführer des KVR. Diese würden gut genutzt und man sehe aktuell auch keinen Grund, etwas daran zu ändern. Im Gegensatz zum Kehricht oder Grüngut setze man beim Kunststoff auf das Bringprinzip, wie bei den PET-Flaschen oder den Batterien. Ähnlich sieht es im Kanton Appenzell Innerrhoden aus, wo der Kanton beziehungsweise das Amt für Umwelt für das Abfallwesen zuständig ist. «Bei uns können Kunststoffabfälle gratis im Ökohof in Appenzell entsorgt werden», sagt Heike Summer, Leiterin Amt für Umwelt des Kantons Appenzell Innerrhoden. Ein anderes System einzuführen, wie etwa den Kuh-Bag, sei derzeit nicht in Planung.