Kulturförderung: St. Galler Gemeinden arbeiten zusammen
17 Gemeinden aus der Region Fürstenland-St. Gallen-Bodensee und der Kanton St. Gallen haben zur Kulturförderung den Verein «Kultur St. Gallen Plus» gegründet. Diese Art der Kulturförderung hat sich in der Ostschweiz bewährt.
Wer in der Gemeinde Andwil (SG) zum Beispiel ein Freilufttheater mit regionaler Ausstrahlung organisiert und dafür Fördergelder beantragen will, der kann sich künftig an den Verein «Kultur St. Gallen Plus» wenden. Der Verein ist ein Zusammenschluss von 17 Gemeinden aus dem Gebiet Fürstenland-St. Gallen-Bodensee und dem Kanton St. Gallen, der sich um die Kulturförderung in seinem Gebiet kümmert. Für die Förderung regionaler Anlässe sind also nicht mehr einzelne Gemeinden zuständig, sondern der Verein. Die Förderung kleinerer, kommunaler Anlässe bleibt hingegen weiterhin in der Verantwortung der Gemeinden.
Toni Thoma, Gemeindepräsident von Andwil und Präsident von «Kultur St. Gallen Plus» ist vom Nutzen des neuen Vereins für die Gemeinden überzeugt. Dies nicht zuletzt, weil sich in St. Gallen schon andere Gemeinden zu einer Kulturregion zusammengeschlossen haben und damit gute Erfahrungen gemacht haben. «Die Kulturregionen ermöglichen es, eine kulturelle Identität über die Gemeindegrenzen hinaus zu entwickeln, und fördern die Qualität des regionalen Kulturschaffens.»
Klare Ansprechpartner und Richtlinien
Das Gebiet um die Stadt St. Gallen, in welcher der Verein nun entstanden ist, war die letzte Region im Kanton, die noch nicht über eine regionale Kulturförderung verfügte. Ein Grund dafür sei wahrscheinlich gewesen, dass die Stadt St. Gallen mit ihrem lebendigen Kulturleben schon seit Langem über eine eigene Kulturförderung verfüge, so Thoma. In einer regionalen Planungsgruppe sei das Thema aber auf den Tisch gekommen, und sie gab den Anstoss für die Schaffung des Vereins.
Mit der Schaffung von «Kultur St. Gallen Plus» ist nun der ganze Kanton in fünf Kulturregionen aufgeteilt. «Die Kulturregionen entsprechen nicht politischen Einheiten, sondern sind so aufgeteilt, wie es aus kultureller Perspektive Sinn ergibt», erklärt Toni Thoma. So umfasst etwa der Verein ThurKultur mehrere Gemeinden in der Region Wil; darunter auch solche aus dem Kanton Thurgau.
Toni Thoma sieht klare Vorteile in der gemeindeübergreifenden Kulturförderung: «Für die Kulturschaffenden gibt es einen Ansprechpartner und klare Richtlinien für die Vergabe von Fördergeldern.» Die Kulturschaffenden waren von Anfang an in den Prozess eingebunden und sind auch im Vorstand vertreten. Auch für die Gemeinden gebe es Vorteile: «Sie haben für grössere Anlässe eine Anlaufstelle, und die aufwendige Koordination unter den Gemeinden fällt weg.» So seien bei regionalen Anlässen früher Gesuche an mehrere Gemeinden eingegangen – diese mussten nicht nur die Gesuche beurteilen, sondern sich auch mit den Nachbargemeinden absprechen. Das fällt mit dem neuen Verein nun weg.
Gemeinden und Kanton zahlen gleich viel
Jede Gemeinde zahlt pro Kopf und Jahr Franken 1.25 in den Fonds zur Kulturförderung. Der Kanton St. Gallen zahlt den gleichen Betrag pro Kopf und Jahr ein. Damit sind nun bereits rund 450 000 Franken zusammengekommen. Die Beträge von Gemeinden und Kanton sind gekoppelt: Würde also eine Erhöhung des Betrags der Gemeinden beschlossen, erhöhte sich automatisch auch der Betrag des Kantons. Eine professionelle Geschäftsstelle, die bei der Kulturförderung der Stadt St. Gallen angesiedelt ist, kümmert sich um die administrativen Belange. Über Förderbeiträge von bis zu 5000 Franken entscheidet die Geschäftsstelle allein. Bei Beiträgen von 5000 bis 10 000 Franken entscheidet der Vorstand. Mehr als 10 000 Franken pro Projekt vergibt der Verein nicht.
Ob die Gemeinden mit dem neuen Modell mehr oder weniger für die Kulturförderung ausgeben, sei schwierig zu sagen und hänge auch davon ab, wie viel die Gemeinden bisher für die Kulturförderung ausgegeben hätten, sagt Toni Thoma. «Ich denke, dass wir jeden Kulturförderfranken mit dem neuen Verein effizienter ausgeben, weil wir die Gesuche nun professionell beurteilen. Wir haben Freude an der Kultur und wollen unsere Budgets effizienter einsetzen.» Der Vereinspräsident ergänzt: «Wir wollen mit dem Verein die kulturelle Entwicklung auch in den kleineren Gemeinden fördern, zum Wohle der Bevölkerung und der Gemeinde.» Die Erfahrungen aus anderen Regionen hätten gezeigt, dass sich die Qualität des Kulturschaffens durch die regionale Förderstruktur verbessert habe und sich in eine gute Richtung entwickle.
«Für unseren Kanton ist dieses System die beste Lösung», ist Toni Thoma überzeugt. St. Gallen ist nicht der einzige Kanton, der solche regionalen Kulturförderkonstrukte kennt; es gibt sie zum Beispiel auch im Thurgau. In anderen Kantonen ist die Kulturförderung auf Kantons- und Gemeindeebene organisiert, ohne regionale Ansprechpartner – die ideale Lösung hängt, wie so oft, von den kantonalen und kommunalen Eigenheiten ab.
Die Mitglieder des Vereins «Kultur St. Gallen Plus»
«Kultur St. Gallen Plus» agiert als selbstständiger Unterverein der REGIO Appenzell AR-St. Gallen-Bodensee. Folgende Gemeinden sind Mitglied: Andwil, Berg, Degersheim, Eggersriet, Flawil, Gaiserwald, Goldach, Gossau, Häggenschwil, Mörschwil, Muolen, Rorschach, Rorschacherberg, St. Gallen, Steinach, Tübach und Waldkirch. Auch der Kanton St. Gallen ist Mitglied des Vereins. Im Vorstand vertreten sind Mitglieder von Gemeindebehörden sowie Fachleute aus Kultur und Kulturförderung: Toni Thoma, Vereinspräsident und Gemeindepräsident Andwil, Marc Jenny, Vizepräsident sowie Vertreter IG Kultur Ost und Musiker, Maria Pappa, Stadtpräsidentin St. Gallen, Raffael Gemperle, Gemeindepräsident Häggenschwil, Reto Kaelli, Stadtrat Rorschach, Marina Pondini, Mitarbeiterin Kulturförderung Kanton St. Gallen, Elisabeth Nembrini, bildende Künstlerin, Laura Vogt, Literatin, sowie die Geschäftsführerin Barbara Affolter, Co-Leiterin Kulturförderung St. Gallen, und Kristin Schmidt, stv. Geschäftsführerin und Co-Leiterin Kulturförderung St. Gallen.