Die Idee der Schwammstadt sieht vor, dass Regenwasser gesammelt wird, statt ungenutzt abzufliessen.

Konzept Schwammstadt: Starkregen, Hitze und Trockenheit vorbeugen

12.10.2024
10 | 2024

Bereits heute leiden viele Siedlungen unter sommerlicher Hitze, Wasserknappheit in längeren Trockenphasen und Überschwemmungen bei lokalen Starkregen. Zukünftig ist in der Schweiz sogar mit noch häufigeren und länger andauernden Hitze- und Trockenheitsperioden zu rechnen. Die hohe Rate der Versiegelung der Böden trägt ihren Teil dazu bei. Ein Blick auf das Konzept der Schwammstadt.

Zunehmende Verdichtung und intensivere Nutzung des Lebensraums führen vielerorts zu zusätzlicher Versiegelung von Flächen. Asphalt, Beton, Stahl und Glas heizen Strassen und Gebäude im Sommer auf. Regenwasser, das auf Dächern, Plätzen und Verkehrswegen anfällt, wird oft abgeleitet. Weil es nicht im Boden und in Pflanzen zwischengespeichert werden kann, fehlt es an heissen Tagen. Bei Starkregen im Überfluss anfallender Niederschlag kann nicht versickern, überlastet die Kanalisation und verschärft im Endeffekt das Überschwemmungsrisiko.

Überschwemmungsrisiko nimmt zu

Wenn Wasser bei starkem Regen nicht unmittelbar versickern kann, fliesst es als Oberflächenabfluss auf dem Boden ab und gelangt über Wiesen und Strassen ins Siedlungsgebiet, wo es in tief liegende Gebäudeöffnungen eindringen und massive Schäden verursachen kann. Oberflächenabfluss ist für rund die Hälfte aller Überschwemmungsschäden verantwortlich.

Wichtig ist eine Umgebungsgestaltung, die Oberflächenabfluss gezielt um Gebäude herumleitet und Versickerungsflächen bietet. Regenwasser kann auf begrünten Flachdächern, in Gärten und auf unversiegelten Plätzen versickern. Zudem lässt es sich fassen und zur Bewässerung oder als Betriebswasser nutzen. Wird Regenwasser als Grundelement bei der Planung berücksichtigt, können bei Starkregen der Eintrag in die Kanalisation und das Risiko eines Rückstaus reduziert werden. Ein Blick auf das Konzept der Schwammstadt lohnt sich.

Das Konzept der Schwammstadt

Klimaanpassung, Naturgefahrenprävention, Biodiversität und Lebensqualität werden mit dem Konzept der Schwammstadt unter einen Hut gebracht. Urbane Räume sollen ähnlich einem Schwamm möglichst viel Wasser aufnehmen und zwischenspeichern können. Das Wasser steht während Trockenperioden für die Pflanzen zur Verfügung. Naturnahe, wasserdurchlässige Oberflächen mit Bewuchs speichern zudem weniger Wärme als die versiegelten Flächen und tragen über Verdunstung und Schattenwurf zu einer Abkühlung der Umgebungsluft bei. Der Effekt gleicht einer «natürlichen Klimaanlage» und dient der Bekämpfung von Hitzeinseln. Die gezielte Versickerung des Regenwassers reduziert bei Starkregen gleichzeitig den Oberflächenabfluss.

Neubauprojekte werden bereits heute mit Schwammstadt-Elementen geplant. So auch die Überbauung Parco Casarico in der Nähe des Laghetto di Muzzano in der Region Lugano.

Neubauprojekt Parco Casarico

Die Überbauung wurde mit vielen Elementen der Schwammstadt geplant, die sich positiv auf die Regenwasserbewirtschaftung auswirken. Neben privaten Bereichen, die nur für Bewohnerinnen und Bewohner zugänglich sind, gibt es auch einen öffentlichen Quartierpark.

Bereits zu Beginn des Projekts wurde die Landschaft in die Planung mit einbezogen, und ökologische Strategien wurden berücksichtigt. Es wurde grossen Wert auf ein umfassendes Regenwassermanagement gelegt. Um das anfallende Regenwasser auf den Bodenflächen zurückzuhalten, gibt es verschiedene Elemente, in denen es gespeichert werden kann. In das Hauptrückhaltebecken kann das Wasser eingeleitet werden. Zudem sind mehrere Regengärten angelegt worden. Das Wasser kann entweder im gesamten Park unterirdisch versickern oder lokal im Hauptwasserbecken in der Mitte des Parks verdunsten.

Bei der Bepflanzung wurden klimaangepasste und hitzeresistente Pflanzenarten verwendet. Den Bäumen wurde ausreichend Bodenvolumen für die Wurzelentwicklung zur Verfügung gestellt. Um die Versickerung und den Wurzelraum zu fördern, wurde die gesamte Infrastruktur unter den Wegen und Mauern verlegt.

Das Projekt reduziert den städtischen Hitzeinseleffekt auf ein Minimum. Die meisten Oberflächen wurden mit durchlässigen Materialien versehen. Das Wasser wird durch verschiedene Elemente im Boden und auf den Dächern zurückgehalten, was neben der üppigen Vegetation und den vielen offenen Wasserflächen die Verdunstung fördert. Dies senkt die Umgebungstemperatur und entlastet die Kanalisation. Die natürliche und aktive Umgebung bietet zudem eine hohe Lebensqualität.

Informationen

Informationen zum Konzept der Schwammstadt und weitere gute Beispiele für dessen Umsetzung: www.sponge-city.info

Informationsplattform zum Schutz vor Naturgefahren, auf der die Gefährdung durch Oberflächenabfluss und Hochwasser direkt am Standort überprüft werden kann: www.schutz-vor-naturgefahren.ch

Lukas Weibel
Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen