Der Gewerbepark Fegeren in Buchs (SG) verursacht im Betrieb keine CO<sub>2</sub>-Emissionen.

Klimaschutz: Gebäude als Teil der Lösung

01.02.2024
1-2 l 2024

Mit den Neuerungen 2023 gehen die Gebäudelabels weiter Richtung Klimaschutz. Ein Minergie-Gebäude benötigt im Betrieb bis zu 50 Prozent weniger Energie und stösst über den Lebenszyklus viel weniger CO2 aus als ein herkömmliches.

Die Kunst des zukunftsfähigen Bauens liegt darin, ein Gebäude zu schaffen, das Komfort und Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels für seine Bewohnenden bietet und zugleich das volle Potenzial für Klimaschutz am Gebäude ausschöpft. Also ein Gebäude, das die CO2-Emissionen im Bau und in der Betriebsphase reduziert, viel erneuerbare Energie selbst produziert, hocheffizient ist und den Kontext mitdenkt, sei das in Richtung Mobilität oder in Bezug auf die Umgebung. Gleichzeitig schützt es die Bewohnerinnen und Nutzer vor Sommerhitze und vor schlechter Innenraumluft durch optimalen Hitzeschutz und den regelmässigen automatischen Luftaustausch.

Schweizer Gebäudelabels vereinen ihre Kräfte

Die Schweizer Gebäudelabels, zu denen Minergie als ältester und am weitesten verbreiteter Schweizer Baustandard gehört, haben 2023 ihre Kräfte gebündelt, das Angebot harmonisiert und die einzelnen Standards angepasst. Das heisst: Es gibt einheitliche Grundlagen für Energie- und Klimaberechnungen, strengere Anforderungen bei den Minergie-Baustandards sowie beim Zusatz ECO und Anpassungen und Vereinfachungen beim SNBS-Hochbau (SNBS steht für Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz). Neu ist, dass die Anforderungen von Minergie und des SNBS auch auf Arealebene übertragen werden können. Grundlage aller Label ist neu der GEAK.

Der GEAK, der Gebäudeenergieausweis der Kantone, fokussiert auf die Sanierung. Er erlaubt eine umfassende Beurteilung des energetischen Zustands eines Gebäudes in drei Skalen mit den Klassen A–G und mithilfe des GEAK Plus die Planung einer Sanierung. Die Minergie-Baustandards definieren mit derselben Methodik anspruchsvolle Anforderungen zu Energie- und Treibhausgasemissionen und ergänzen diese um Komfortaspekte wie Raumluft und Hitzeschutz und eine umfassende Qualitätssicherung. Bei der Anpassung der Minergie-Baustandards stechen vier Massnahmen heraus: die konsequente Ausnutzung des Solarpotenzials, die Minimierung der Treibhausgasemissionen in der Erstellung, ein zukunftsfähiger Hitzeschutz plus ein fossilfreier und effizienter Betrieb. Die Minergie-Baustandards werden mit dem Zusatz ECO um eine besonders gesunde, kreislauffähige und klimafreundliche Bauweise ergänzt. Mit dem SNBS-Hochbau werden Gebäude in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit (Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt) geprüft und zertifiziert.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz über das Gebäude hinaus

Neu können die bekannten Qualitäten des SNBS-Hochbau auch auf Ebene Areal als SNBS-Areal zertifiziert werden. Bei den entsprechenden Kriterien handelt es sich um Aspekte, deren Thematisierung sich bei Einzelgebäuden oft nicht lohnt, die aber in Arealen entscheidend zu deren Nachhaltigkeit beitragen.

Das Minergie-Areal orientiert sich an denselben Zielen wie die Minergie-Baustandards, bezieht dabei aber auch die Aussenräume ein. Im Unterschied zum SNBS-Areal sind die einzelnen Gebäude zur Sicherstellung des überdurchschnittlichen Komforts ebenfalls zu zertifizieren. Beim Minergie-Areal kommen Vorgaben an das Arealmanagement, die klimaangepasste Gestaltung des Aussenraums und Anreize zu einer klimafreundlichen Mobilität zum Tragen. Damit soll auf einem Minergie-Areal eine besonders hohe Lebensqualität sichergestellt werden.

Klimafreundlich bauen konkret: Gewerbepark Fegeren, Buchs (SG)

Wie ein zukunftsfähiges und klimafreundliches Gebäude aussieht, zeigt zum Beispiel der Gewerbepark Fegeren. Dieses Minergie-P-zertifizierte, nachhaltige Kraftwerk wurde so konzipiert, dass es im Betrieb keine CO2-Emissionen verursacht. Neben der sehr gut isolierten Gebäudehülle wird die gesamte Gebäudetechnik für das Lüften, Heizen und Kühlen komplett mit erneuerbarer Energie betrieben. Der Verbrauch wird stetig überwacht und analysiert.

Die Grundstruktur besteht aus einem Betonkern mit einer Hybridfassade aus Holzelementen, die mit Fotovoltaikmodulen verkleidet sind. Der Verwaltungsbau wurde in einer einfachen Grundstruktur konzipiert, sodass Flächen jederzeit anders genutzt werden können. Zusammen mit den Fotovoltaikanlagen auf dem Dach und den Solarcarports für die Elektromobile erzeugt die Fotovoltaikfassade einen Grossteil der Energie für das Gebäude. Die Wärme- und Kälteerzeugung wird CO2-neutral und effizient mit einer Wärmepumpe und Grundwasser betrieben. Die 80 Ladestationen für Elektroautos werden über den Energiemanager so gesteuert, dass die Autos mit selbst produziertem Fotovoltaikstrom geladen werden. Das Energiemanagement erledigt auch das Lastmanagement, das dafür sorgt, dass keine Lastspitzen auftreten (Peakshaving).

Ohne klimafreundliche Gebäude erreicht die Schweiz die Energie- und Klimaziele nicht. Die über 55 000 Minergie-Gebäude und die inzwischen fast 200 SNBS-Projekte in der Schweiz zeigen, dass sich Effizienz, Klimaschutz, Komfort und Nachhaltigkeit verbinden lassen. Indem nach Minergie statt nach gesetzlicher Mindestanforderung gebaut wurde, haben die Minergie-Gebäude in den letzten 25 Jahren über 12,5 Mio. Tonnen CO2 eingespart, bei gleichzeitig höherem Komfort: Die Nutzerinnen und Nutzer von Minergie-Gebäuden erleben viermal weniger Hitzestunden als in einem herkömmlichen Innenraum. Der SNBS-Standard hat in den letzten Jahren bewirkt, dass die umfassende Nachhaltigkeit von Gebäuden nun konkretisiert und quantifiziert werden kann.

Andreas Meyer Primavesi
Geschäftsleiter Minergie