Hagelschäden und Gebäudeschutz – das wissen wir heute
Hagel richtet in der Schweiz jedes Jahr grosse Schäden an. In vielen Gemeinden ist die Frage nicht, ob, sondern in welchem Umfang sie von Hagelschäden betroffen sind.
Grosse Mengen Einfränkler, die vom Himmel herabsausen. Manchmal sogar Golfbälle. Das ist der bildliche Vergleich dessen, was passiert, wenn es hagelt. Die Schäden, die Hagel anrichten kann, sollte man entsprechend ernst nehmen und frühzeitig Schutzvorkehrungen treffen. Denn Hagel verursacht Schäden an Gebäuden und damit verbunden Kosten, die über einen Ersatz der betroffenen Bauteile hinausgehen. Und schliesslich können Hagelschäden an Gebäuden in Gemeinden Kräfte binden, die es bei grossen Unwetterereignissen andernorts braucht.
Hagel, ein häufiger «Schädling» in der Schweiz
Rund ein Drittel aller Elementarschäden in der Schweiz geht auf Hagel zurück. Die eingangs erwähnten Einfränkler und Golfbälle stehen für zwei unterschiedlich häufige Schadenszenarien. Hagel mit einem Durchmesser von zwei Zentimetern entspricht etwa der Grösse eines Einfränklers und kommt gemäss den Erkenntnissen des Forschungsprojekts «Hagelklima Schweiz» pro Jahr rund 32-mal vor. Fast so oft fällt Hagel mit drei Zentimetern Durchmesser.
Ein Hagelkorn mit vier Zentimetern Durchmesser entspricht der Grösse eines Golfballs – ein Szenario, mit dem vielerorts in der Schweiz mindestens einmal in 50 Jahren zu rechnen ist. Ein einzelnes Hagelgewitter kann sich rasch über weite Gebiete erstrecken und viele Ortschaften fast zeitgleich in Mitleidenschaft ziehen. Hagelschlag kann dabei grossflächig Spuren der Verwüstung hinterlassen. Wie stark Gebäude in Mitleidenschaft gezogen werden, hängt von ihrer Bauweise ab.
Je nach Standort muss mit Golfbällen gerechnet werden
Ebenfalls im Rahmen von «Hagelklima Schweiz» sind Hagelgefährdungskarten entstanden, welche die zu erwartenden Hagelkorngrössen in einem bestimmten Zeitraum beschreiben. Bereits in einer Periode von 10 bis 20 Jahren treten in weiten Teilen der Schweiz Hagelkörner mit zwei bis drei Zentimetern Durchmesser auf. Erhöht man den Betrachtungshorizont auf 50 Jahre, sind drei Zentimeter grosse Hagelkörner fast landesweit mindestens einmal zu erwarten. In einigen Regionen der Voralpen, des Jura und im Tessin können die Hagelkörner auch vier bis sogar fünf Zentimeter gross sein.
Kleine Körner, grosser Schaden
Was bedeuten diese Grössen? Ein zwei Zentimeter grosses Hagelkorn erreicht eine Geschwindigkeit von 70 km/h. Bei drei Zentimetern sind es 86 km/h, bei vier Zentimetern bereits 99 km/h. Die oben genannten Geschwindigkeiten geben eine Ahnung davon, welche Schäden Hagel anrichten kann, denn die Aufprallenergie nimmt mit der Geschwindigkeit im Quadrat zu.
Viele Bauteile der Gebäudehülle können Schaden nehmen, grundsätzlich hagelfest sind lediglich Beton oder Fensterglas mit einer Dicke von mindestens vier Zentimetern. Hingegen sind Aussenverputze, Wärmedämm-Verbundsysteme, frei liegende Dichtungsbahnen, Lamellenstoren oder spröde Lichtkuppeln aus Kunststoff typische Opfer von Hagelschäden. Wie widerstandsfähig ein Bauteil gegenüber Hagel ist, hängt primär vom Material und vom Systemaufbau ab.
Hagelschäden können Gemeinden beeinträchtigen
Wessen Gebäude von Hagelschäden betroffen ist, muss unter Umständen eine Vielzahl an Schäden beheben. Sind beispielsweise Dichtungen betroffen oder auch Lichtkuppeln, kann das Gebäude zusätzlich einen folgenschweren Wasserschaden erleiden. Dies ist relevant für Gemeindegebäude: Wenn die Feuerwehr damit beschäftigt ist, die Wassermassen in Bahnen zu lenken, sollte sie nicht noch die Schule oder ein anderes öffentliches Gebäude auspumpen müssen. Selbst zerbeulte Storen können zum grossen Ärgernis werden, denn Gebäude, deren Storen grossflächig ersetzt werden müssen, lassen sich mitten in der Sommerhitze kaum zum Arbeiten nutzen. Und dies während Wochen bis Monaten, bis die vielen Schäden repariert sind.
Intelligenter Schutz, sichere Bauprodukte
Eine wichtige Schutzmöglichkeit liegt in der Verwendung hagelsicherer Bauteile. Solche Produkte, die standardisierte Tests durchlaufen haben, finden sich im Hagelregister, einer öffentlich zugänglichen Planungs- und Entscheidungshilfe für Bauprodukte. Dort sind sie nach Bauteilgruppe und Hagelwiderstandsklasse aufgelistet, also nach der Unterscheidung, ob sie «Einfränklern» oder «Golfbällen» standhalten.
Zudem gibt es spezifisch für Storen in der Schweiz ein intelligentes Schutzsystem: «Hagelschutz – einfach automatisch» verbindet Gebäudesteuerungen mit einer Echtzeit-Hagelprognose. Trifft für einen Standort eine Hagelwarnung ein, kann die Storensteuerung automatisch alle Storen hochfahren. Eine äusserst effektive Lösung, gerade für grössere öffentliche Gebäude wie Schulhäuser oder Turnhallen. Oft ist dort kein Personal anwesend, wenn ein Gewitter aufzieht. Und selbst dann reicht die Zeit unter Umständen nicht aus, um alle Storen rechtzeitig manuell hochzufahren.
Hagelschutz in Normen und Standards
Hagelschutz für Gebäude ist heute auch in Normen und Nachhaltigkeitslabels wie dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) verankert. Die Tragwerksnorm SIA 261/1 berücksichtigt zusätzlich zum Schutz vor gravitativen Naturgefahren auch Hagel. Andere Naturgefahren wie Wind, Erdbeben oder Schnee sind durch die Tragwerksnorm SIA 261 abgedeckt.
Beide Normen stufen die Anforderungen nach Bauwerksklassen (BWK I–III) ab. Ein einfaches Wohnhaus entspricht dabei der BWK I, ein Spital der BWK III. Viele öffentliche Gebäude wie Schulen gehören der BWK II an, sollen also von sich aus höhere Anforderungen an den Schutz vor Naturgefahren erfüllen. Auch der SNBS Hochbau 2.1 stützt sich auf diese beiden Normen und bietet mit dem Indikator «204.2 Naturgefahren und Erdbebensicherheit» zudem nützliche Planungshilfen. So häufig Hagel heute ist, so etabliert ist auch der Schutz davor.
Informationen:
· Informationsplattform Gebäudeschutz vor Naturgefahren: www.schutz-vor-naturgefahren.ch
· Register mit hagelgeprüften Bauteilen: www.hagelregister.ch
· Hagelwarnsystem für Storen: www.hagelschutz-einfach-automatisch.ch
· Naturgefahren im SNBS Hochbau 2.1: www.schutz-vor-naturgefahren.ch/snbs
· Forschungsprojekt «Hagelklima Schweiz»: www.nccs.admin.ch