Frühe Kindheit: Die Gemeinden setzen sich ein
Die ersten Jahre spielen eine entscheidende Rolle für die Entwicklung eines Kindes und für seine Gesundheit im Erwachsenenalter. Die Gemeinden, zum Beispiel Aarau oder Vernier, werden für die frühe Kindheit aktiv und setzen auf Vernetzung.
Im Leben eines Kindes zwischen seiner Geburt und dem Schuleintritt passiert viel. Es lernt seine Eltern kennen, lernt laufen und sprechen. Nach und nach formt es sein späteres Leben. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt: Die wichtigsten Lebenskompetenzen werden in der frühen Kindheit gelegt, sei es in Bezug auf die Gesundheit oder die sozialen Kompetenzen. Diese Phase der frühen Kindheit, die auch die Zeit vor der Geburt umfasst, ist daher von entscheidender Bedeutung.
Unter Frühförderung werden alle Massnahmen zusammengefasst, die einen günstigen Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes haben. Dies reicht von der frühkindlichen Bildung über Gesundheitsmassnahmen (Gesundheitsförderung und Prävention, Schwangerschaftsberatung, Ernährung) bis hin zu Lösungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder städtebaulichen Massnahmen, die das sichere Spielen fördern.
Die Bedeutung der Netzwerkarbeit
Das Projekt Miapas, das von der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz geleitet wird, bringt Vertreterinnen und Vertreter nationaler Verbände im Bereich der frühen Kindheit zusammen. Ziel ist es, wissenschaftlich fundierte nationale Empfehlungen zu Ernährung, Bewegung und psychischer Gesundheit für Fachpersonen und Eltern zu erarbeiten.
Interdisziplinäre Netzwerke sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Familien zu erreichen. Um Familien zu unterstützen, mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und sie an bestehende Lösungen zu verweisen, ist es entscheidend, das Potenzial der Netzwerke aller Fachleute zu nutzen, die mit diesen Familien in Kontakt kommen könnten, darunter Gynäkologen, Kinderärzte, Hebammen, Pflegefachpersonen und Fachpersonen für Kinderbetreuung.
Das Projekt «Familienzentrierte Vernetzung» des Bundesamtes für Gesundheit und von Alliance Enfance geht in diese Richtung. Eine Vorstudie, die auf der Strategie der Frühen Hilfen in Österreich basiert, wurde 2021 veröffentlicht. Sie zeigt deutlich, dass familienzentrierte Vernetzung den Unterstützungsbedarf von Familien in schwierigen Situationen zu relativ geringen Kosten decken können. Derzeit wird ein Argumentarium für die Umsetzung von familienzentrierten Netzwerken in der Schweiz für die wichtigsten Zielgruppen, das heisst Fachkräfte und Politiker, erarbeitet.
Das Beispiel der Stadt Aarau
In Aarau hat die Bevölkerung im November an der Urne den Kurs bestätigt, den die Stadt seit 2019 eingeschlagen hat. In Zusammenarbeit mit zahlreichen Fachleuten wurde eine ehrgeizige Strategie für die frühe Kindheit ausgearbeitet. «Aarau will eine familienfreundliche Stadt sein. Es ist unsere Pflicht, die Kinderrechtskonvention umzusetzen – und zwar von Anfang an», erklärt Mina Najdl, Leiterin des Fachbereichs Kind und Familie der Stadt Aarau. «Wir sind überzeugt, dass man, wenn man den Menschen einen guten Start ermöglicht, die Grundlage schafft, dass sie die Hochs und Tiefs des Lebens meistern können.»
Zu den umgesetzten Massnahmen gehört die Eröffnung von Familienzentren in den Quartieren: niederschwellige Orte der Begegnung, Beratung, Begleitung und des freien Spiels, die von vernetzten frühpädagogischen Fachkräften geleitet werden. «Diese Zentren sind eine Tür zu Familien», erklärt Mina Najdl. «Die Familien schätzen die kleinkinderfreundliche Umgebung und die Fachpersonen, die ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen und sie in dieser herausfordernden Zeit begleiten.»
Die Stadt Aarau hat auch die Funktion von «Familienlotsinnen» geschaffen. Diese beraten verletzliche Familien von der Schwangerschaft bis zum Eintritt in den Kindergarten und ermitteln, organisieren und koordinieren den Bedarf an Unterstützung. Die Familienlotsinnen sind eingebunden in das interprofessionelle Kooperationsnetzwerk, das eingerichtet wurde, um die Grenzen zwischen den Bereichen Gesundheit, Soziales und Bildung zu überwinden. Denn durch das Kennenlernen, den Austausch und schliesslich die enge Zusammenarbeit zwischen den Fachleuten steigen die Chancen, dass Familien, die Hilfe benötigen, besser unterstützt werden.
Vernier: Interessen der Kinder berücksichtigen
Die Stadt Vernier (GE) hat im Jahr 2019 eine umfassende Reflexion über ihre Kinderpolitik durchgeführt, wobei das Kind und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen sollen. Sie hat eine ständige Kommission für Familie und Jugend eingerichtet, deren Aufgabe es ist, die Interessen der Kinder bei allen Projekten der Stadt zu berücksichtigen, auch bei der Gestaltung eines sichereren öffentlichen Raums. «Unsere derzeitige Priorität ist der Aufbau von Beziehungen zu Familien», erklärt die Leiterin des Jugendamts Sandra Rossier, «insbesondere zu jenen, die Unterstützung benötigen. Wir setzen auf den Dialog und das Netzwerk von Fachleuten aus dem Frühbereich, um die Anliegen der Familien zu erkennen.» Das Ziel ist, dass das Jugendamt von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt als Ressource identifiziert wird.
Weiterführende Informationen
Der Bericht «Gesundheitsförderung für und mit Kindern» von Gesundheitsförderung Schweiz bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu psychischer Gesundheit, Bewegung und Ernährung von Kindern. Zudem enthält der Bericht eine Reihe von Empfehlungen, insbesondere für Gemeinden, wie die Gestaltung von kinderfreundlichen Aussenräumen oder die Stärkung von interprofessionellen Netzwerken.
Das Bundesamt für Gesundheit und Alliance Enfance organisieren eine nationale Konferenz zur familienzentrierten Vernetzung am Montag, 28. August 2023, im Stadttheater Olten.