Digitale Transformation: Das grösste Hindernis sind die Ressourcen
Die Gemeindeumfrage zur digitalen Transformation weist eine anhaltend positive Entwicklung aus. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass das Thema weitgehend in den Köpfen und Herzen der Verantwortlichen angekommen ist. Nur: Mit welchen Ressourcen soll die Transformation bei laufendem Betrieb erfolgreich umgesetzt werden? Das scheint eine knifflige Aufgabe zu sein, wie auch das diesjährige Fokusthema «Ressourcen» zeigt.
Zuerst das Positive. Seit Beginn der Gemeindeumfragen des Vereins Myni Gmeind und des Schweizerischen Gemeindeverbands im Jahr 2021 zeigen die erhobenen Werte zur Entwicklung der Digitalisierung nur in eine Richtung: nach oben. So ist der Anteil der Gemeinden, die sich (eher) als Vorreiter sehen, im Vergleich zu 2023 von 32 auf 41 Prozent gestiegen. Und auch bei den wesentlichen Gründen für eine digitale Transformation sind zum Teil deutliche Zuwächse zu verzeichnen. So wird «Bessere Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger» als Ziel für die digitale Transformation von 82 Prozent der Gemeindevertreter angegeben (2023: 70 Prozent). Und auch die «Förderung einer innovativen Kultur» wird von fast der Hälfte der Befragten als wesentlicher Grund für die Digitalisierung genannt (2024: 47 Prozent, 2023: 43 Prozent).
Differenzierter fällt die Bilanz hinsichtlich der Erfolgsfaktoren für eine digitale Transformation und deren Erfüllungsgrad aus. Die aktuelle Befragung bestätigt eindrücklich, dass nicht die digitalen Kompetenzen oder das Hard- und Software-Know-how entscheidend sind, sondern die Einstellung und zunehmend auch die Ressourcenfrage (siehe Abbildung 1).
Erfolgsfaktoren zur digitalen Transformation nur unzureichend erfüllt
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind politischer Wille (durchschnittlicher Rang 3,8) sowie die persönlichen Ressourcen und die finanziellen Mittel (jeweils Rang 4,0). Diese Erfolgsfaktoren werden unterschiedlich gut erfüllt.
Die Kreuzmessung zeigt, dass der Erfolgsfaktor «Klarer politischer Wille für die Digitalisierung» (A4) mit 61 Prozent Zustimmung (eher entwickelt/stark entwickelt) recht gut erfüllt wird. Der Erfüllungsgrad der personellen und finanziellen Ressourcen fällt hingegen weniger gut aus. Während die finanziellen Ressourcen mit einem Erfüllungsgrad von 42 Prozent relativ gut abschneiden, muss die Situation bei den personellen Ressourcen als besorgniserregend eingestuft werden. Nur etwas mehr als jede vierte Gemeinde bewertet die personelle Situation als «eher stark oder sehr stark» entwickelt.
Notwendige Ressourcen für die digitale Transformation fehlen
Dieser Befund wird durch unsere diesjährige Fokusbefragung zur Ressourcenlage bestätigt. Zwei Drittel der Befragten bewerten die Ausgestaltung ihrer personellen Ressourcen als eher ungenügend oder ungenügend (siehe Abbildung 2; leicht andere Fragestellung als oben).
Und: nur etwa jede zehnte Gemeinde geht davon aus, dass sich diese Situation in den nächsten ein bis zwei Jahren tatsächlich verbessern wird. Zwar meint mehr als jede zweite Gemeinde, dass sich die Situation «eher verbessert», gleichzeitig erwarten jedoch 35 Prozent der Kommunen eine Verschlechterung.
Diese Einschätzungen müssen alarmieren. Und es stellt sich die Frage, woher die notwendigen, aber nicht vorhandenen Ressourcen kommen könnten. In dieser Frage scheint sich die Community nicht ganz einig zu sein.
Zwei von fünf Gemeinden wollen zumindest vorübergehend die Ressourcen erhöhen, zum Beispiel über Stellenprozente. Inwieweit diese Variante angesichts des Fachkräftemangels und der Mehrkosten realistisch ist, wird sich zeigen. Knapp ein Viertel der Gemeinden könnte sich ein temporäres Outsourcing vorstellen. Auch dies wäre mit Mehrkosten verbunden, welche die Budgets zusätzlich belasten würden.
Für ein Drittel der Verwaltungen ist auch eine zeitliche Verschiebung oder eine vorübergehende Reduktion der Leistungen denkbar. Fraglich ist dabei, ob diese Leistungen zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden müssten oder dauerhaft eingespart werden könnten.
Das öffentliche Gemeinwesen muss weiterhin effektiver und effizienter werden. Da insbesondere die Personalkosten in der Schweiz hoch sind, brauchen wir die digitale Transformation, um Prozesse zu automatisieren und damit die Effizienz zu steigern. Aber nicht nur deshalb. Auch die Bürgerinnen und Bürger erwarten zusehends noch zeitgemässere Dienstleistungen. Nur mit modernen Arbeitsplätzen können sich die Gemeinden als attraktive Arbeitgeberinnen positionieren und sich so die dringend benötigten Fachkräfte sichern.
Zur Umfrage
Die detaillierten Resultate sind auf www.mynigmeind.ch/umfrage publiziert.
Die Studie wurde finanziell durch Energie Schweiz, Swisscom und die Digitale Verwaltung Schweiz (DVS) unterstützt.
Studiensteckbrief:
Trägerschaft/Durchführung: Verein Myni Gmeind, Schweizerischer Gemeindeverband und FHNW (Hochschule für Wirtschaft, Olten)
Zeitraum: April/Mai 2024
Methode: Computer-assisted Web-Interview (CAWI)
Stichprobe 560 (entspricht mehr als einem Viertel aller 2131 Gemeinden der Schweiz)
Statistischer Standardfehler: maximal ± 3,6 Prozentpunkte bei einem Konfidenzintervall von 95 Prozent