Digital-Pioniere in Schweizer Gemeinden gesucht
Eine Neuheit in der Schweiz: Der Schweizerische Gemeindeverband und der Verein Myni Gmeind bieten ab Frühling 2022 einen Digitalisierungsgrundkurs für Gemeindevertreterinnen und -vertreter an.
Ob einfacher Zugang für die Einwohnerinnen und Einwohner am Online-Behördenschalter oder effizientere Geschäftsabläufe für die Verwaltung: Dass die Digitalisierung auch für Gemeinden Chancen bietet, ist mittlerweile breit anerkannt. Ebenso klar ist aber: Die technologische Entwicklung stellt gerade für kleinere und mittelgrosse Gemeinden eine enorme Herausforderung dar.
Wie können mit begrenzten Budgets die wachsenden Anforderungen von Kantonsseite für E-Government und die zunehmenden Ansprüche der Bürger erfüllt werden? Wer in der Gemeindeverwaltung soll sich neben der bestehenden Alltagsarbeit auch noch um die anspruchsvolle Querschnittsaufgabe Digitalisierung kümmern? Die Möglichkeiten sind unüberblickbar – wie soll man beginnen? Und: Wo nimmt die Gemeinde überhaupt das Wissen und die Kontakte her, um den Weg zum «smart village» kompetent und effizient anzugehen?
Gewinn statt Frust
Damit die Digitalisierung für Gemeinden zum Gewinn und nicht zum Frust wird, bieten der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) und der Verein Gmeind im kommenden Frühling erstmals den Grundkurs Digital-Pionier an. Er vermittelt Kenntnisse und Tricks zur erfolgreichen Auslösung und Führung von Digitalisierungsprojekten in Gemeinden, bietet Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zum Coaching bestehender Projekte der Teilnehmenden (siehe Kasten). Die Weiterbildung kann wahlweise online oder auch physisch in Bern besucht werden. Sie richtet sich an Mitarbeitende von Gemeindeverwaltungen und Lokalpolitikerinnen und -politiker. Der Kurs ist gezielt auf deren «volle Agenda» ausgerichtet: Die kurze Dauer (fünf Module à vier Stunden) und die tiefen Teilnahmekosten (unter 1000 Franken) ermöglichen Gemeinden, ohne grossen Aufwand Digitalisierungsluft zu schnuppern und Mitarbeitende oder Exekutivmitglieder für die anstehenden Herausforderungen fit zu machen.
Zertifikat für Kursbesuch
Wer alle Module des Kurses besucht, erhält ein Zertifikat, das ihn oder sie als Digitalpionier auszeichnet. Damit wird unterstrichen, dass die Absolventinnen und Absolventen eine wichtige Rolle übernehmen, um die Schweizer Gemeinden für die digitale Zukunft zu rüsten.
Der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) und Myni Gmeind arbeiten mit kompetenten Organisationen und Personen zusammen: Die Dozentinnen und Dozenten sind Digitalisierungsspezialisten, die zugleich die Gemeindewelt bestens kennen. Durchgeführt werden die Kurse von zwei Schulen mit jahrelanger Erfahrung – der Academia (Online-Kurse) und dem Bildungszentrum für Wirtschaft und Dienstleistungen (physische Kurse). Die Standortförderung Kanton Bern sowie die Myni-Gmeind-Partner Cisco und Swisscom ermöglichen mit einer Anschubfinanzierung und Know-how den Aufbau des Grundkursangebots.
Informationen:
Grundkurs Digital-Pionier mit Rabatt für SGV-Mitglieder
Die ersten Kurse starten im Frühling 2022. Sind Sie interessiert? Unter www.digitaldionier.ch finden Sie das Programm und die Kursdaten und können sich anmelden. Die ersten zehn Teilnehmenden aus SGV-Mitgliedergemeinden erhalten 10 Prozent Rabatt.
Der Kurs umfasst fünf Module:
Modul 1: Einführung in die digitale Transformation
Modul 2: E-Government
Modul 3: Dynamik eines Gemeindeökosystems
Modul 4: Coaching eigener Projekte
Modul 5: Toolbox, Ausblick in die Zukunft
«In vielen Gemeinden stellen sich die gleichen Fragen»
Herr Strub, viele Gemeinden haben Mühe, die Digitalisierung anzupacken – weil Wissen und Erfahrung dazu fehlen. Wie ist das bei Ihnen in Lyss?
Daniel Strub: Wir sind auch nicht die Digitalisierungsspezialisten. Aber unser Finanzverwalter treibt die Entwicklung voran. Zusammen mit ihm habe ich eine Anwendungslandkarte erstellt, in der wir das Zusammenspiel und die Abhängigkeiten zwischen den eingesetzten Softwareprodukten aufzeigen. Neuanschaffungen und Gedanken zur Digitalisierung werden damit überprüft: Passen sie ins Konzept? Leisten sie einen Beitrag zu einer digitalen Verbesserung? Wie alle anderen Gemeinden kämpfen wir aber mit der Tatsache, dass wir für die Digitalisierung nur die Ideen liefern können – für die Umsetzung sind wir in der Regel auf die Spezialisten angewiesen.
«Der Kurs kann helfen, ganzheitliche Lösungen zu finden.»
Der Grundkurs Digital-Pionier will Gemeindevertretern Basiswissen vermitteln. Welchen Unterschied kann er machen?
Strub: Ich bin überzeugt, viele Gemeindevertretende haben sich schon Gedanken zu diesem Thema gemacht und gute Ideen entwickelt. Schwierig ist wohl eher, dass es das perfekte Tool für alle Problemstellungen schlicht nicht gibt und oftmals nur Insellösungen existieren. Der Kurs kann helfen, gesamtheitliche Lösungen zu finden.
Welche Inhalte stehen aus Ihrer Sicht im Vordergrund?
Strub: Die Übersicht über die eigene Lösungslandschaft und die internen Abhängigkeiten. Daraus können die geeignetsten Produkte für die Digitalisierung herausgefiltert werden. Weiter erhalten die Teilnehmenden einen Überblick, welche Lösungen bereits existieren. Die Toolbox wird sicher helfen, diese Projekte erfolgreich umzusetzen. Und ganz wichtig ist der Austausch unter den Teilnehmenden.
Sie arbeiten selbst bei der Gestaltung des Kursprogramms mit. Weshalb engagieren Sie sich?
Strub: In vielen Gemeinden stellen sich die Verantwortlichen immer wieder die gleichen Fragen. Daher können wir mit einem Weiterbildungsangebot Lösungswege entwickeln, welche die Gemeinde in der Digitalisierung weiterbringen. Dies hat letztlich einen direkten Nutzen für alle Gemeinden, deren Kunden und Steuerzahlenden.
Werden Sie selbst oder Mitarbeitende von Ihnen den ersten Kurs im Frühling 2022 absolvieren?
Strub: Ich habe meinen Platz noch nicht gebucht, kann mir das aber durchaus vorstellen. Zudem hoffe ich sehr, dass dieser Kurs auch Mitarbeitende von uns anspricht.