
«Die Stimme der Gemeinden hat Gewicht in Bundesbern»
Ständerat Mathias Zopfi verteidigt als Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV) die Interessen der Gemeinden auf Bundesebene. Seit seinem Amtsantritt wird er in Bundesbern anders wahrgenommen, wie der Glarner Grünen-Politiker beobachtet. Im Interview erzählt Mathias Zopfi von seiner Arbeit als SGV-Präsident und erklärt, weshalb die Vertretung der Gemeinden in der Bundespolitik so wichtig ist.
Mathias Zopfi, Sie vertreten seit 2019 den Kanton Glarus im Ständerat und sind seit 2024 Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV). Wie hat sich Ihre Arbeit im Parlament verändert, seit Sie SGV-Präsident sind?
Ich bin selbst aufmerksamer in Bezug auf Themen, welche die Gemeinden betreffen. Gleichzeitig werde ich aber auch von aussen als die Stimme der Gemeinden wahrgenommen. Ich werde zum Beispiel in Kommissionssitzungen konkret gefragt, was die Haltung der Gemeinden zu einem bestimmten Geschäft ist.
Sie waren von 2010 bis 2022 Gemeinderat in Glarus Süd. Was haben Sie in diesem Amt gelernt?
Die Kollegialität und eine sehr pragmatische Art zu politisieren. Im Gemeinderat zählt nicht die Parteipolitik, sondern, gute Lösungen für die Gemeinde zu finden. Dieses lösungsorientierte Politisieren versuche ich auch im Ständerat umzusetzen. Der Gemeinderat war eine sehr gute politische Schule. Ich habe dort erlebt, dass die Gemeinden an der Front sind und die Beschlüsse umsetzen müssen, die beim Bund und in den Kantonen getroffen werden. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir im nationalen Parlament die Umsetzbarkeit von Gesetzen im Blick haben.
Als SGV-Präsident vertreten Sie im nationalen Parlament die Interessen der Gemeinden gemeinsam mit den drei SGV-Vorstandsmitgliedern im Nationalrat. Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Wir tun das einerseits mit den üblichen parlamentarischen Instrumenten, die uns allen zur Verfügung stehen, zum Beispiel Anträgen im Rahmen der Beratung einer Vorlage. Zudem bringen wir uns in den Diskussionen in den Kommissionen ein und stellen so sicher, dass die Stimme der Gemeinden gehört wird. Andererseits passiert viel informell: Wir sprechen mit anderen Parlamentsmitgliedern, aber auch mit Bundesrätinnen und Bundesräten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Kantone. Wir sensibilisieren in diesen Gesprächen für die Anliegen der Gemeinden.

«Mir ist es sehr wichtig, dass wir im nationalen Parlament die Umsetzbarkeit von Gesetzen im Blick haben.»
In der Schweiz gibt es 2121 Gemeinden, die alle sehr unterschiedlich sind. Wie kann der SGV all diese verschiedenen Interessen unter einen Hut bringen?
Trotz der Unterschiede haben doch alle Gemeinden dasselbe Grundinteresse, nämlich den Gestaltungsspielraum und die Autonomie der Gemeinden zu erhalten. Viele Themen betreffen tatsächlich alle Gemeinden, zum Beispiel die Raumplanung oder die Unterbringung von Asylsuchenden. Trotzdem ist es wichtig, uns der Breite der Interessen der Gemeinden bewusst zu sein, und ich glaube, wir bilden das im Vorstand sehr gut ab. Ich persönlich nehme es als Bergler sehr ernst, mich auch für die Interessen von Agglo-Gemeinden einzusetzen. Nicht zuletzt glaube ich, dass die Gemeinden dank ihrer Verschiedenheit viel voneinander lernen können.
Sie vertreten wie erwähnt einen Bergkanton im Ständerat, sind gleichzeitig oberster Gemeindelobbyist und gehören der Grünen Partei an. Ergeben sich daraus Zielkonflikte?
Natürlich kann es da Konflikte geben. Ich habe aber bisher oft festgestellt, dass sich die Positionen gut vereinbaren lassen.
Auch bei den Energievorlagen? Da sind die Positionen der Grünen und des SGV nicht unbedingt deckungsgleich.
Bei diesen Vorlagen stehe ich hinter den Gemeinden, denn ich bin persönlich überzeugt, dass der Einbezug der Gemeinden für eine gute Lösung absolut notwendig ist. Übrigens hat sich die Debatte in meiner Partei zu dieser Frage etwas entspannt.

Themawechsel: Momentan bereiten die steigende Zahl von Asylgesuchen und die damit verbundene Unterbringung von Geflüchteten vielen Gemeinden Kopfzerbrechen. Welchen Einfluss können Sie da im Parlament nehmen?
Ich sitze in der staatspolitischen Kommission und beobachte, dass die Position der Gemeinden dort sehr stark wahrgenommen wird. Wichtig ist mir hier, zu betonen, dass die Gemeinden in dieser Frage möglichst bald konkrete Lösungen brauchen. Die Gefahr besteht, dass ihre Position in der Asylfrage missbraucht wird, um das Thema laut zu bewirtschaften. Das ist nicht im Sinne der Gemeinden.
Welche Herausforderungen kommen in der laufenden Legislatur noch auf die Gemeinden zu?
Die Sparmassnahmen des Bundes werden uns sicher noch eine Weile beschäftigen. Die Diskussion ist nicht falsch. Auch der Bund muss sparen. Ich wehre mich aber, wenn die Kosten vom Bund auf Kantone und Gemeinden abgewälzt werden sollen – was für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler letztlich keinen Unterschied machen würde.
Wie möchten Sie diese Herausforderungen als SGV-Präsident angehen?
Sehr wichtig sind der Austausch und das gegenseitige Netzwerken. Im richtigen Moment mit den richtigen Menschen zu sprechen, ist zentral. Der SGV hat viel Gewicht in Bern. Denn wir vertreten die gesamte kommunale Staatsebene, und dank des Artikels 50 in der Bundesverfassung müssen die Gemeinden angehört werden.
Zur Person
Ständerat Mathias Zopfi ist seit Juli 2024 Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands. Der Glarner war von 2010 bis 2022 Gemeinderat von Glarus Süd und sitzt seit 2011 im Glarner Landrat. 2019 wurde der Grünen-Politiker in den Ständerat gewählt. Mathias Zopfi ist in Engi aufgewachsen, wo er noch heute mit seiner Frau und zwei Kindern wohnt. Er arbeitet in Glarus als Rechtsanwalt und Notar.