Courtepin (FR): Die Transition zum Gemeindeparlament
In der zweisprachigen Freiburger Gemeinde Courtepin tagt seit 2021 ein Generalrat, nachdem eine Initiative aus der Bevölkerung diesen gefordert hat. Der Übergang von der Gemeindeversammlung zum Parlament verlief rasch – und nicht nur reibungslos, wie Generalratspräsident 2023-2024 Peter Grünig und Syndic Martin Moosmann berichten. Das Parlamentssystem steckt in der 5700-Einwohner-Gemeinde noch in den Kinderschuhen. Gerade deshalb ist der Fall dieser Gemeinde so interessant.
Plötzlich ging alles ganz schnell: Im September 2020 stimmte die Bevölkerung von Courtepin (FR) mit 67 Prozent der Einführung eines Generalrates, also eine Gemeindeparlaments, zu. Sechs Monate später, am 7. März 2021, wurden die 50 Mitglieder des Rats gewählt. Und am 28. April 2021 tagte bereits die konstituierende Sitzung des Generalrates. Seither gewöhnt sich die Gemeinde an das neue politische Modell. Perfekt sei es noch lange nicht, da sind sich Syndic Martin Moosmann sowie Generalratspräsident 2023-2024 Peter Grünig im Gespräch mit der «Schweizer Gemeinde» einig. Doch in dieser ersten Legislatur habe sich bereits viel bewegt.
Die heutige Gemeinde Courtepin, eingebettet in der hügeligen Landschaft zwischen Freiburg und Murten, entstand 2017 aus einer grösseren Fusion mit mehreren Dörfern rund um den Ort Courtepin. 78 Prozent der heute rund 5700 Einwohnerinnen und Einwohner sind französischsprachig und rund 22 Prozent Deutschsprachig. Courtepin ist die einzige offiziell zweisprachige Gemeinde im zweisprachigen Kanton Freiburg – Syndic Martin Moosmann sagt das nicht ohne Stolz. Die Initiative für den Generalrat kam nach der Fusion aus der Bevölkerung. In der stark gewachsenen Gemeinde wuchs der Wunsch nach einer professionellen Vertretung der Bevölkerung.
Politische Parteien bleiben im Hintergrund
Bei der Wahl in den Generalrat war das Interesse gross: 99 Personen kandidierten für die 50 Sitze. «Man musste schon aktiv auf potenzielle Kandidierende zugehen», erinnert sich Generalratspräsident Grünig. Doch es sei kein grosses Problem gewesen, Interessierte zu finden – vielleicht auch, weil es die erste Wahl war und eine gewisse Anfangseuphorie da war. «Courtepin war und ist keine politisierte Gemeinde», fügt Martin Moosmann an. Will heissen: Die auf nationaler und kantonaler Ebene etablierten Parteien sind auf lokaler Ebene nicht besonders stark. Die Bezirksparteien wurden im Vorfeld der Wahl in den Generalrat zwar aktiv. Die fünf Fraktionen im Generalrat haben sich aber unabhängig davon gebildet. Sie heissen «Entente bourgeoise» - der Peter Grünig angehört - «Pluriel» oder «Pour notre commune». Einzig die Mitte ist als traditionelle Partei vertreten in der Fraktion «Die Mitte – Freie Wähler». Auch mit dem Generalrat haben die Parteien in Courtepin nicht an Stärke gewonnen.
«Courtepin war und ist keine politisierte Gemeinde.»
Die Generalratssitzungen werden zweisprachig durchgeführt. Grundsätzlich sind die Unterlagen in beiden Sprachen verfügbar; jeder spricht während der Sitzung in seiner Sprache und es wird erwartet, dass dies von allen verstanden wird, wie Peter Grünig sagt. Bei Unklarheiten sind Rückfragen möglich. Im Gemeindealltag werde die Zweisprachigkeit gelebt und sorge nicht gross für Diskussionen, sagt Syndic Martin Moosmann. So seien auch auf der Gemeindeverwaltung sowohl französisch- als auch deutschsprechende Angestellte tätig. Im Alltag wie auch in den Parlamentssitzungen ist allerdings französisch mehr zu hören – gemäss der Sprachverteilung in der Bevölkerung. «Bisher gab es eine Bemerkung eines französischsprachigen Ratsmitglieds, dass an einer Sitzung etwas viel Deutsch gesprochen worden war», erinnert sich Peter Grünig.
Zusammenarbeit hat sich verbessert
Peter Grünig wie auch Martin Moosmann sagen, die Zusammenarbeit zwischen Legislative und Exekutive sei noch ausbaufähig. So bestehe eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Kompetenzen von Generalrat und Gemeinderat. Der Parlamentspräsident hat zwar Kurse beim Freiburger Gemeindeverband besucht, sagt aber auch, dass es in gewissen Bereichen einfach Erfahrung brauche. «Die Sitzungen fühlen sich manchmal eher an wie eine Gemeindeversammlung als eine Generalratssitzung.» Da würden etwa persönliche Anliegen eingebracht oder Forderungen gestellt, die gar nicht in der Kompetenz der Gemeinde liegen würden.
Syndic Martin Moosmann findet: «Im Vergleich zum Anfang ist die Zusammenarbeit zwischen Generalrat und Gemeinderat bereits viel besser.» Vieles sei in der Zwischenzeit geklärt, für einen reibungslosen Ablauf brauche es aber noch etwas Zeit. Das habe auch schon zu Frustrationen geführt: Manche Bürgerinnen und Bürger glaubten, mit dem Generalrat gehe nun alles schneller. In Wirklichkeit gehe es aber eher langsamer. Denn die Generalrätinnen und Generalräte stellen mehr Anfragen, welche Gemeinderat und Gemeindeverwaltung prüfen und beantworten müssen. Mehr Personal als vor der Einführung des Generalrats hat die Verwaltung allerdings nicht.
Generalräte im Kanton Freiburg
Im Kanton Freiburg haben 27 von 126 Gemeinden ein Parlament, einen sogenannten Generalrat. Gemäss dem kantonalen Gesetz über die Gemeinden ist in acht Gemeinden ein Parlament obligatorisch: In allen Bezirkshauptorten ausser Tafers sowie in Villars-sur-Glâne und Marly. Alle anderen Gemeinden können einen Generalrat einführen, sofern sie mindestens 600 Einwohnerinnen und Einwohner haben. Der Generalrat der Stadt Freiburg ist mit 80 Mitgliedern der grösste des Kantons.