Für Menschen zu Fuss ist das Gehen nun viel angenehmer und sicherer geworden.

Canobbio: Ein Paradies für den Fussverkehr

05.12.2022
12 | 2022

Das Tessiner Dorf Canobbio hat seinen Dorfkern aufgewertet und für Fussgängerinnen und Fussgänger attraktiver gestaltet, sie geniessen hier nun Vorrang gegenüber dem Autoverkehr.

Für Menschen zu Fuss ist Canobbio, schön an einem Hang nördlich von Lugano gelegen, zu einem kleinen Paradies geworden – das Dorf mit rund 2200 Einwohnerinnen und Einwohnern erstrahlt in neuem Glanz und bietet nun mehr Ruhe und Lebensqualität. Dies alles dank dem 2019 fertiggestellten Projekt «Il Salotto», einer umfassenden Erneuerung und Aufwertung des Dorfkerns zugunsten des Fussverkehrs – und obwohl die Fahrzeuge nicht vollständig aus dem Zentrum verbannt sind. Gemeindepräsident Roberto Lurati sagt dazu in einem Video zum Projekt: «Den Fussgängern wird Vorrang gegenüber den Fahrzeugen gegeben, um Canobbio neues Leben einzuhauchen.»

Auf sechs kleinen Plätzen im Zentrum wurden jeweils rechteckige Teppiche verlegt. Diese sollen quasi das «Wohnzimmer» (daher der Projektname «Il Salotto») von Canobbio darstellen. Sie laden die Leute ein, dort zu verweilen und die ruhige Atmosphäre des gut erhaltenen, historischen Dorfkerns zu geniessen, und die Kinder können dort in Ruhe spielen. Jeder Teppich hat eine andere Farbe. Dazu sagt der mit der Umsetzung beauftragte Planer Lorenzo Custer ebenfalls im erwähnten Video: «Mit der Realisierung dieser sechs farbigen Plätze ist das Grau des Automobilzeitalters verschwunden.» Ein neuer Pflasterbelag zwischen den Gebäuden signalisiert, dass dieser den Leuten zur Nutzung zur Verfügung steht; auch nivellierende Stufen und Mauern wurden eingebaut. Das Beleuchtungskonzept wurde angepasst, neue LED-Lichtsäulen ermöglichen auch ruhige und sichere Abendspaziergänge.

Der Nutzen der Umgestaltung ist gross, und die Kosten von 1,8 Millionen Franken für die Gemeinde hielten sich in Grenzen. Eine Investition, die sich für Canobbio gelohnt hat. Das erfolgreiche Projekt erhielt 2020 eine Auszeichnung vom Fussverkehrspreis «Flâneur d’Or». Durch die Aufwertung können mehr Besucherinnen und Besucher ins Dorf gelockt und die Umsätze der lokalen Läden und Restaurants angekurbelt werden. Eine Win-win-Situation für mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität, sowohl für die Einheimischen als auch für die Touristen; zudem leistet die Tessiner Ortschaft so auch einen kleinen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Es wäre wünschenswert, dass dem Vorbild von Canobbio noch viele weitere Gemeinden in der Schweiz folgen.

Flâneur d’Or 2023

Ihre Gemeinde hat zu einem Projekt beigetragen, das das Gehen fördert? Nehmen Sie am Flâneur d’Or teil! Der «Flâneur d’Or – Fussverkehrspreis Infrastruktur» prämiert die Gestaltung öffentlicher Räume, die den Fussverkehr fördern und die Qualität, Attraktivität und Sicherheit des Gehens erhöhen. Der Hauptpreis beträgt 10 000 Franken, ausserdem gibt es weitere Auszeichnungen zu den verschiedenen Projektkategorien. 

Jenny Leuba
Fussverkehr Schweiz
Projektleiterin