So soll der geplante Kindergarten dereinst aussehen.

Bauen mit Holz: Die frühe Materialwahl ist zentral

13.04.2023
4 l 2023

Bauen mit Schweizer Holz ist im Trend. Öffentliche Bauherren setzen wegen diverser Vorteile vermehrt auf den nachhaltigen Rohstoff. Wo aber liegen die Herausforderungen? Eine Auslegeordnung am Beispiel eines Projekts in Küttigen (AG).

Küttigen im Kanton Aargau: Mit rund 6600 Einwohnern eine mittelgrosse Gemeinde, in welcher der Neubau eines Kindergartens ansteht. Küttigen besitzt eine langfristige, nachhaltige Liegenschaftsstrategie, die sich am bestehenden Energieleitbild ausrichtet. Deshalb ist Holz als Baumaterial für den neuen Kindergarten rasch ins Gespräch gekommen. Nachdem Vertreter des Kantons bestätigt hatten, dass ein Bau aus Holz aus technischer Sicht grundsätzlich machbar ist, hat die Gemeinde vertiefte Abklärung beschlossen.

Eine wichtige Frage für das Küttiger Projekt war, ob der Forstbetrieb der Gemeinde überhaupt die benötigte Menge Holz liefern kann. Dies konnte rasch bejaht werden, der innovative Forstbetrieb Jura, dem drei Gemeinden angeschlossen sind, hat gerne unterstützt und kann die voraussichtlich benötigten 2200 Kubikmeter Holz aus dem eigenen Revier liefern.

Materialwahl möglichst früh festhalten

Aus einem vorhergehenden Bauprojekt hat die Gemeinde die Lehre gezogen, dass die Materialwahl für ein neues Gebäude möglichst früh getroffen werden muss. Entsprechend wurde bereits im Programm zum Gesamtleistungswettbewerb folgende Formulierung festgehalten:

«Ein Holzbau liegt auf der Hand: Holz ist ein Material, das Kindern vertraut ist. Die Gemeinde Küttigen ist auch Waldbesitzerin und dem Forstbetrieb Jura (Densbüren, Erlinsbach, Küttigen, Staatswald Aargau) angeschlossen. Mit der Verwendung von regionalem Holz möchte die Gemeinde Küttigen für Wertschöpfung vor Ort sorgen und einen nachhaltigen Bau erhalten. Ein gutes Raumklima und die Flexibilität des Materials für freie Formen sind weitere Pluspunkte – gerade wenn es um Bauten für Kinder und Jugendliche geht. Der erneuerbare Baustoff Holz sorgt für eine hohe Bauqualität, ersetzt aber auch Materialien mit stärkeren Umweltauswirkungen. Die Gemeinde Küttigen erwartet, dass Holz aus dem eigenen Forst (Forstbetrieb Jura) für den Bau des Kindergartens und der Tagesstruktur verwendet wird. Das Holz wird aus eigenem Wald beigesteuert und vom Anbieter verlangt, dass er dieses gemeindeeigene Holz als Baumaterial einsetzt.»

Ausserdem wurde für den Fall, dass das bereitgestellte Holz quantitativ, qualitativ oder zeitlich nicht passend dem jeweiligen Unternehmer bereitgestellt werden kann, eine Ersatzmassnahme vorgesehen. So sollte im Fall der Fälle auf anderes Schweizer Holz zurückgegriffen werden können, mit späterer Abnahme des eigenen Rundholzes ohne zusätzlichen Geldfluss. Dabei handelt es sich um das sogenannte Holz-Kreditsystem. Die Lignum, Dachorganisation der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft, erläutert dieses System in der Broschüre «Lignum Compact – Ausschreiben mit Schweizer Holz». Damit ist sichergestellt, dass die benötigte Menge Schweizer Holz jederzeit zur Verfügung steht. Die Materialwahl am Anfang der Projektierung ist also ein Schlüssel, um mit Schweizer Holz oder eigenem Holz bauen zu können.

Revidiertes Beschaffungsrecht: Was heisst das für Holzbauten?

2021 ist das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) in Kraft getreten. Der Qualitätswettbewerb wird unter dem neuen Regime mit Kriterien wie Nachhaltigkeit, Lebenszykluskosten, Innovation, Plausibilität des Angebotes oder Verlässlichkeit des Preises deutlich gestärkt. Neu geht der Zuschlag an das «vorteilhafteste» statt an das «wirtschaftlich günstigste» Angebot. Die Abkehr vom reinen Preiswettbewerb in der öffentlichen Beschaffung steht im Einklang mit dem internationalen Trend hin zu einem Qualitätswettbewerb, der den gesamten Lebenszyklus berücksichtigt.

Bei einem Holzbau ist für öffentliche Auftraggeber insbesondere relevant, dass sie gemäss dem Beschaffungsabkommen GPA/WTO gerade bei den Schwellenwerten den Grundsatz der Nichtdiskriminierung beachten. Beim Baustoff können sie aber ausnahmslos immer frei wählen. So haben sie die Möglichkeit, in einem Grundsatzentscheid eine Holzbauweise vorauszusetzen. Wenn der Austausch von Leistung und Gegenleistung innerhalb des gleichen Rechtsträgers stattfindet, handelt es sich um ein Inhousegeschäft. Eine vergaberechtsfreie Vergabeform nach Art. 10 Abs. BöB/IVöB, die nicht zur Ausschreibung kommt, sondern als eine Voraussetzung vom Auftraggeber in der Ausschreibung definiert wird.

Eine Gemeinde, die beispielsweise ein Gebäude mit Holz aus dem eigenen Forst baut, erfüllt diese Bedingung. Gleiches gilt für den Bezug über einen von der öffentlichen Hand kontrollierten Leistungserbringer, der kein Marktteilnehmer ist und dem die Gemeinde angehört (zum Beispiel einem Forst- oder Verarbeitungsbetrieb oder einem Zweckverband).

Holz aus der Region weckt Emotionen

Nebst all den rechtlichen Rahmenbedingungen sprechen weiche Kriterien für den Grundsatzentscheid, mit Schweizer Holz zu bauen. Im Falle des neuen Kindergartens in Küttigen war die Stärkung der regionalen Wertschöpfungskette mitentscheidend. Sie kann dank kurzen Wegen beim Materialtransport und der Berücksichtigung lokaler und regionaler Handwerker mit Holz überdurchschnittlich gefördert werden. Ob die Einwohner von Küttigen dem Kindergarten aus Holz ebenfalls positiv gegenüberstehen, wird sich diesen Sommer zeigen. Denn die Gemeindeversammlung im Juni wird entscheiden, ob gebaut wird. Bei der Gemeinde ist die Stimmung vorsichtig optimistisch, denn bisher wurden in der Bevölkerung noch keine ablehnenden Stimmen zum Projekt gehört.

Die Küttiger Gemeinderätin Regula Kuhn-Somm spricht im Videointerview über den geplanten Bau:

Florian Landolt
WaldSchweiz