Abenteuer Schulweg statt Elterntaxis
In einigen Gemeinden fahren Eltern ihre Kinder zur Schule, in anderen
nicht. Mit speziellen Aktionswochen können Gemeinden Eltern und
Kinder für das Thema Schulweg mit all seinen Facetten sensibilisieren.
«Sagt mal, wer von euch hat den weitesten Schulweg?» In Windeseile schnellen viele Hände in die Höhe. Manuelas
Weg zur Schule sei etwa einen Kilometer lang, erzählt sie. Dominik braucht zehn Minuten, kommt aber am liebsten mit dem Velo oder Trotti. Saambavi sei ebenfalls zehn Minuten unterwegs, betont sie, allerdings zu Fuss. Die Klasse 1/2c von Sheila Kehrli von der Primarschule in Roggwil im Kanton Bern sitzt im Kreis vor der Wandtafel. Sie sind Feuer und Flamme, über ihre Erfahrungen und Erlebnisse auf dem Schulweg zu berichten. Mia schwärmt von der regelmässigen Begegnung mit einem Hund, den sie streicheln kann. Auch Niklas freut sich über die tierischen Begegnungen, genauer gesagt mit der Katze Jacky. Manuela wie auch viele andere ihrer Klasse schätzen es, zusammen mit anderen Kindern den Schulweg zu gehen und dabei Spass zu haben. Zurzeit nimmt
die Klasse im Unterricht die Schnecken durch. Was liegt näher, als auf dem Schulweg nach Schnecken Ausschau zu
halten?
Wenn es um Schulwege geht, hat die Klasse von Sheila Kehrli sozusagen die
Nase vorn. Sie landete zusammen mit der Schule von Seelisberg im Kanton Uri und der Schule von Männedorf im Kanton Zürich auf dem Podest der Aktionswochen «walk to school» des VCS. Kinder, aber auch Eltern und Lehrkräfte werden durch diese Aktion dazu animiert, sich mit den Themen Verkehrssicherheit
und Schulweg auseinanderzusetzen. Ziel ist es, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler permanent mit eigener Muskelkraft in den Kindergarten beziehungsweise zur Schule gehen – ohne Elterntaxis. Bei den Aktionswochen, die zwischen den Sommer- und Herbstferien vorgesehen sind, gehen die Schulkinder vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse während zwei Wochen selbstständig zu Fuss zur Schule.
Ein Spass für die Kinder
Wenn es um Schulwege geht, hat die Klasse von Sheila Kehrli sozusagen die Nase vorn. Sie landete zusammen mit der Schule von Seelisberg im Kanton Uri und der Schule von Männedorf im Kanton Zürich auf dem Podest der Aktionswochen «walk to school» des VCS. Kinder, aber auch Eltern und Lehrkräfte werden durch diese Aktion dazu animiert, sich mit den Themen Verkehrssicherheit und Schulweg auseinanderzusetzen. Ziel ist es, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler permanent mit eigener Muskelkraft in den Kindergarten beziehungsweise zur Schule gehen – ohne Elterntaxis. In den Aktionswochen, die zwischen den Sommer- und Herbstferien vorgesehen sind, gehen die Schulkinder vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse während zweier Wochen selbstständig zu Fuss zur Schule. Sie können Punkte sammeln und tolle Preise gewinnen. Jede angemeldete Lehrperson erhält im Vorfeld für ihre Klasse ein Starterpaket mit Informationen und Materialien für den Unterricht. Zudem können die Klassen kreativ sein: Sheila Kehrli und ihre Klasse haben einen Herbstbummel im Wald durchgeführt und ein Spiel zum Thema Schulweg entwickelt. Sheila Kehrli hat sich für eine Teilnahme an dieser Aktion entschieden, weil sie immer wieder beobachtet hat, wie viele Kinder von ihren Eltern zur Schule gefahren wurden.
Wichtiger Lern- und Erlebnisort
Seit zehn Jahren bereits lanciert der VCS jährlich die Aktion «walk to school». Doch warum braucht es sie überhaupt? «Der Schulweg ist für Kinder ein wichtiger Lern- und Erlebnisort», betont die Kampagnenverantwortliche Nadja Mühlemann, «die Kinder üben dort das richtige Verkehrsverhalten, schliessen Freundschaften und bewegen sich regelmässig an der frischen Luft.» Leider gilt das nicht für alle Kinder: «Die Elterntaxi-Problematik ist heute aktueller denn je», bestätigt Nadja Mühlemann. Auffällig sei, dass die Gemeinden sehr unterschiedlich davon betroffen seien. Während in einigen Gemeinden regelmässig ein hohes Aufkommen an Elterntaxis rund um die Kindergarten- und Schulstandorte zu verzeichnen ist, kennen andere Gemeinden das Phänomen so gut wie gar nicht. Ausserdem stellt Nadja Mühlemann einen Unterschied zwischen den Sprachregionen fest: «In der Deutschschweiz sind Elterntaxis gemäss unseren Beobachtungen weniger häufig als in der Romandie und im Tessin.»
Vielfältige Gründe
«Die Gründe für solche Bring- und Holfahrten sind aus unserer Sicht sehr vielfältig», sagt die Kampagnenleiterin des VCS und zählt Sicherheitsbedenken, lange oder schwierige Schulwege, soziale beziehungsweise kulturelle Aspekte, das Wetter und Zeitmanagement als mögliche Einflussfaktoren auf. In Roggwil wohnen einige Kinder laut Sheila Kehrli weit ausserhalb des Dorfzentrums. Dies sei ein Grund, weshalb sie von den Eltern zur Schule chauffiert werden. Andere steigen in einer Aussenstation in den Zug ein und fahren ins Zentrum. «Wir haben auch schon angeregt, dass die Eltern, die weit ausserhalb des Dorfes wohnen, die Kinder nur ein Stück weit ins Dorf fahren und sie den Rest zur Schule zu Fuss zurücklegen lassen», erzählt die Lehrerin. Dies werde jetzt immer häufiger umgesetzt.
Zusammenarbeit mit Gemeinden und Schulen
«Gemeinden können ebenfalls einen wertvollen Beitrag leisten, um die Schulwege sicherer zu machen», ist Nadja Mühlemann überzeugt. Der VCS arbeitet im Rahmen der «VCS Mobilitätskonzepte Schule» mit den Gemeinden zusammen, um die Schulwegsicherheit nachhaltig zu erhöhen. «Ziel dieses Angebots ist, die bestehende Infrastruktur der Gemeinde aus Sicht der Kinder zu analysieren und entsprechend anzupassen.» Für die Aktion «walk to school» werden jeweils im Frühling alle Schulen, Bildungs- und Gesundheitsämter sowie die Pädagogischen Hochschulen mit Informationen bedient. Auch hier können die Gemeinden zusammen mit den Schulen den Anstoss für eine Teilnahme geben. Aufgrund ihrer Nähe zur Bevölkerung beziehungsweise zu den Eltern könnten die Gemeinden und Schulen den direkten Kontakt zu den Eltern suchen, sie zum Thema Schulwegsicherheit sensibilisieren und mehr über die Beweggründe für Elterntaxis erfahren.
Steigendes Interesse
Welche Erfahrungen macht der VCS mit der Aktion «walk to school»? Laut Nadja Mühlemann steigt das Interesse an der Aktion stetig. 2019 nahmen fast 10 000 Kinder teil. Im vergangenen Jahr gingen die Zahlen hingegen Corona-bedingt etwas zurück. «Für dieses Jahr konnten wir bereits wieder mehr Anmeldungen verzeichnen», freut sich die VCS-Vertreterin. Sie wünscht sich allerdings noch mehr Teilnehmende aus den ländlichen Kantonen. «Ich bin überzeugt, dass die Aktionen durchaus ihre Wirkung zeigen und die Kinder es schätzen, ihren Schulweg zu Fuss zurückzulegen.» In Roggwil hat die Aktion ein positives Echo ausgelöst, wie Sheila Kehrli berichtet. «Dass wir auf dem Podest gelandet sind, hatte sicher eine gewisse Signalwirkung. Viele Eltern von Kindern aus meiner Klasse haben die Bedeutung dieser Aktion erkannt und schicken ihre Kinder bewusst zu Fuss in die Schule.»
Für eine nachhaltige Wirkung brauche es eine regelmässige Aufklärung der Eltern und Kinder. Sheila Kehrli schlägt zudem vor, den Elternrat ins Boot zu holen. Nadja Mühlemann plädiert für eine repetitive Sensibilisierung aller involvierten Interessengruppen.
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